laut.de-Biographie
Ecke Schönhauser
Alles begann mit einer Trennung: Als Anna Hjalmarsson mit Florian Pühs Schluss macht, ist nicht nur deren gemeinsame Band Herpes hin, sondern auch das Herz von Pühs. Der holt sich den ebenfalls gerade erst von seiner Freundin verlassenen Kumpel Philipp Lippitz ins frei gewordene Zimmer und beide beginnen, ihr jeweiliges Beziehungsende in ein paar Songs zu verarbeiten.
Ehe die zwei Musiker (Lippitz hielt vorher den Bass in der Proto-Metal-Revival-Band Kadaver) sich versehen, haben sie ein ganzes Album an Beziehungsende-Songs zusammen. Im Herbst 2012 erscheint "Input", auf dem Album-Cover ein Foto von Anna, in den Rillen zornige, intime und ganz und gar unpeinliche Musik. "Liebesprotestpunk" nennt die Band das selbst und trifft damit den Nagel ziemlich genau auf den Kopf.
Und der Bandname? Könnte von einem DEFA-Film aus den 1950ern stammen. "Berlin – Ecke Schönhauser" hieß der und porträtierte eine Gruppe Halbstarker, die sich immer unter der U-Bahnbrücke an der Schönhauser Allee trafen. Das würde auch zu Pühs passen, dessen ehemalige Punk-Band Surf Nazis Must Die sich ebenfalls nach einem Film benannte. Florian und Philipp wohnen aber tatsächlich auch an der Ecke Schönhauser, wo schließlich die Geschichte der Band ihren Lauf nahm.
"Florian wohnte auf der Schönhauser, ich lebte mit meiner Freundin zusammen. Wir haben uns getrennt, bei Florian in der Wohnung wurde ein Zimmer frei. Ich bin dort eingezogen und wir saßen dann ständig zusammen angepisst auf der Couch rum. Fußball kam auch nicht immer. Daraufhin beschlossen wir, die negative Energie einfach in Songs umzuwandeln."
So unspektakulär zeichnet Lippitz in einem Interview mit dem Vice Magazine den Anfang nach, und Pühs ergänzt: "Am Anfang war alles schließlich nur ganz nett: ein Song, dann zwei weitere, ein Demo als Trost. Jetzt ist es auf einmal was Größeres mit Plattenfirma und Album."
Eingespielt wird das Debüt "Input" dann trotzdem mit kompletter Band. Neben Pühs (Gesang) und Lippitz (Gitarre) besteht die aus Dennis Danowski (Gitarre), Björn Camp (Bass) und Markus Töpfer (Schlagzeug). Die Platte vereint den punkigen Spirit von Herpes mit der Sprache und dem Sound der Hamburger Schule. Sänger Pühs klingt mehr denn je wie der junge Schorsch Kamerun, die Gitarren und das Schlagzeug schrammeln und prasseln wie auf frühen Blumfeld-Platten.
Derlei Verweise stören die Band keineswegs, nicht umsonst heißt es bei ihrem Plattenlabel Tapete: "Ecke Schönhauser ist eine Herzensangelegenheit, bei der kein musikalischer Querverweis oder textlicher Kitsch ausradiert wird. Die erste Idee ist immer die beste." Und Ecke Schönhauser haben gute Ideen.