laut.de-Kritik

Reifungsprozess in Worten, Melodien und Grooves.

Review von

"Wenn man genau über den Begriff 'First Lady' nachdenkt, ist das niemand, der sofort das Wort ergreift, aber bestimmt jemand, der alles immer mit einer gewissen Würde angeht." Diese Würde ist der Lohn für das Ungemach, dem man im Laufe seines Lebens ausgesetzt ist. Daran zu wachsen und dabei aufrecht zu stehen lautet Faith Evans Botschaft. "Ich habe viel durchgemacht. Ich habe einen Ehemann verloren und ein Label. Ich habe zugenommen und abgenommen, ich bin verhaftet worden, habe Preise gewonnen und was weiß ich. Das ist alles Teil meines Lebens und meiner Musik, aber ich bin fähig, das alles zu verkraften und daran zu wachsen."

Auf ihrem vierten Album packt sie diese Reifungsprozesse in Worte, Melodien und Grooves. Auf der aktuellen Single "Again" verarbeitet sie ihre Festnahme wegen Drogenbesitzes und die anschließende Entziehungskur. "'Again' zeigt, wie ich die Situation verstanden wissen möchte, ich mache mir hier Luft." Musikalisch rahmt sie diese Erfahrungen in eine Mid-Tempo Ballade mit dezentem Retro-Chic und nervöser Bass-Drum.

Der Opener "Going On" präsentiert sich als R'n'B-Hip Hop-Konglomerat, für das die Neptunes (ohne deren Beteiligung heutzutage kein amtliches R'n'B-Album mehr veröffentlicht werden darf) vollumfänglich verantwortlich zeichnen. Ideenreich, kraftvoll und melodisch interessant komponieren/produzieren sie diese Dancefloor-Nummer. "Ich liebe diesen Song, weil er jung, offen und spaßbetont ist", betont Faith.

Bei allen anderen Nummern ist sie am Kompositionsprozess beteiligt, auch wenn sie sich wohlklingende Partner ins Boot holt. Todd Russaw und Chucky Thompson heißen die Kollaborateure für den funky Soul-Blues "Mesmerized". Interesse weckt der Track mit seiner penetrierenden Gitarren-Hookline, die uns erst im Refrain erlöst. Maceo Parker fackelt bei solchen modalen Songstrukturen das ganze Partyfeuerwerk ab. Bei Faith leisten ein ideenreiches Arrangement, die Gospel-Chöre im Refrain und ein superlässig groovendes Drumset ihren Beitrag, um "Mesmerized" zu einer der besseren Nummern zu machen. Es befinden sich mit "Stop N Go", "Lucky Day", "Get Over You", "Until You Came" und "Ever Wonder" nämlich ausreichend Albumfüller auf "The First Lady".

Unterstützung auf ihrem Weg in die Pop-, Black Music- und Jamba-Charts erfährt Faith Evans ferner von Bryan Cox, Jermaine Dupri und Carvin & Ivan. Die Verführerin spielt sie im oben genannten "Ever Wonder", einem Duett mit Mario Winans. "Dieser Song bietet sich als Radiohit geradezu an, er ist einfach und ehrlich" offenbart die First Lady. Damit hat er genau das, was ein Song braucht um als Klingelton Karriere zu machen.

Eine ohrwurmverdächtige Steel-Drum/Toy-Piano-Hookline bestimmt den Songverlauf von "Jealous". Melodiös und klanglich an vergangene Zeiten angelehnt ist die Nummer etwas, um in nostalgischen Erinnerungen zu schwelgen. Auf "Hope" kollaboriert sie mit dem Rapper Twista im Kontext einer HipHop-Ballade und liefert damit einen gelungenen Ausklang. Die gezupfte Gitarrenbegleitung, die 2Stepigen Drumsounds und die dezenten Hooks sorgen zusammen mit dem Gospel-orientierten Refrain für ein echtes Highlight zum Schluss.

Trackliste

  1. 1. Goin' Out
  2. 2. Again
  3. 3. I Don't Need It
  4. 4. Stop N Go
  5. 5. Mesmerized
  6. 6. Tru Love
  7. 7. Jealous
  8. 8. Ever Wonder
  9. 9. Catching Feelings
  10. 10. Get Over You
  11. 11. Until You Came
  12. 12. Lucky Day
  13. 13. Hope

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