laut.de-Kritik
Ein übersättigter Elektro-Pop-Hybrid - Boygroup 2.0.
Review von David HutzelVor drei Jahren lieferten Fenech-Soler ihr Debüt ab. In der Zwischenzeit haben die vier jungen Briten ihre Songs noch mal kräftig gestriegelt, geölt und gescheitelt. Das Resultat ist mit "Rituals" ein Zweitling, der das längst überholte Konzept Boyband zumindest musikalisch ins 21. Jahrhundert heben will. In Großbritannien, wo der Langspieler schon vor knapp einem Jahr erschien, reichte das nur zu einem 120. Platz in den Charts.
Zu wenig für ein Album, das sich musikalisch derart in der Konsenszone zwischen pseudo-psychedelischem Pop und Indietronica –Tanzgedudel positioniert. In dieses Bild fügt sich nahtlos der immerzu brave Singsang. Hätte in den 90er-Jahren noch der kleine Blonde mit den blauen Augen und dem Ohrring da gefühlvoll über den Track gesäuselt, stellen Fenech-Soler zeitgemäß fest: Eigentlich kann der Typ heutzutage auch braune Haare, einen lässigen Dreitagebart und Röhrenjeans tragen.
Dabei ernteten die Briten nach ihrer ersten Platte noch wohlwollende Vergleiche mit den Friendly Fires oder Delphic. Allerdings hinkten derlei Lobeshymnen schon damals. Denn trotz BBC-One-Hype wirkten Songs wie "Demons" oder "Stop And Stare" immer etwas seichter und in letzter Konsequenz weniger experimentierfreudig als die der Vergleichsobjekte. Das hört man schon in den Refrains, die – gespickt mit "Ohhs" und "Uuhs" – sich stets von ihrer mitsingbarsten Seite zeigen.
"Rituals" ist nicht weniger als ein monströser, übersättigter Elektro-Pop-Hybrid. Dafür darf man sich ja inzwischen bekannter Maßen sogar an abgeschwächten Formen des Drum'n'Bass bedienen, ohne gleich befürchten zu müssen, dadurch zu unkonventionell für den Werbespot Lifestyle vermittelnder Großkonzerne zu sein.
Fenech-Soler haben sich so einiges von den Pop-Hypes der vergangenen Jahre abgeschaut und hauen deshalb eine sichere Nummer nach der anderen raus. Mal gehts in Richtung Chamber-Pop, der die Grundidee von M83 in opulent konstruierte, atmosphärische Geräusche einer Magenverstimmung hüllt ("Fading"). Ein anderes Mal darf es dann doch eher der klassische Indie-Dancefloor-Anthem sein ("All I Know"), der sogar das Klientel des örtlichen Holi-Festivals problemlos mit seinem unendlichen Mantra-Charakter einschläfern dürfte.
Die vier Herren von Fenech-Soler denken auf ihrem Zweitwerk zweifellos in kommerziell ambitionierten Dimensionen. "Rituals" soll vieles, was bisher an der Grenze zwischen Untergrund-Schick und Mainstream stand, verbinden. Abgesehen von der Erkenntnis, dass dieses Konzept spätestens seit Bastille völlig ausgeweidet ist, bleibt von der Platte nicht viel hängen. Vielleicht hilft der authentische Boygroup-2.0-Faktor, um wenigstens hierzulande noch ein paar Teenie-Herzen zu gewinnen.
1 Kommentar
Danke für den dritten Absatz, das fasst exakt meine Haltung zu deren Debüt zusammen. Bei so 'ner Besprechung braucht man hier jetzt auch ehrlich nicht mehr reinhören.