laut.de-Kritik

Ein Kosmos mit den unmöglichsten Möglichkeiten.

Review von

Schön zu sehen, dass es Firewater nach wie vor scheißegal zu sein scheint, was und wen sie bei ihrem Stilmischmasch zusammen werfen. Tscha Tscha-Rhythmen-Bastarde treffen auf Blockflöte und derbst verzerrte Gitarrenklänge. Ratschen rattern im Hintergrund und betten sich sanft auf einem Kissen aus sanften Pianoklängen, dazwischen stören Saxophon-Einlagen keineswegs das Bild, sondern runden es fein ab. So geschehen bei "Too Much (Is Never Enough")".

Dabei leitet "Fanfare" die Platte höchst komisch ein. Wie ein Mix aus einem Bregovic-Soundtrack und Zirkusmusik-Gerumpel laden Tod A und Kompagnons zum musikalischen Reigen. Ein kräftiger Bass-Wumms löst Tods "Was würde ich machen, wenn"-Worte aus der Einleitung zu "Anything At All" ab. "It's such a cold day down here in hell" lamentiert Mr Ashley. Wäre die musikalische Untermalung dort drunten immer so galant und vorwärtsgerichtet, keine Frage, wohin es mich ziehen würde. Wie schon in der Vergangenheit, so setzt sich auch diesmal der Firewater-Kosmos aus den unmöglichsten Möglichkeiten zusammen.

Da krächzt die Erinnerung an einen Tom Waits um die Ecke, Klezmer- bzw. Folklore-Anleihen poltern mit Hurra und Akkordeon im Polka durch die Flure. Dabei entsteht ein wundersamer Gegensatz zwischen flutschig in die Ohren gehenden Songs und knarzend wehmütigen Tracks. Dabei sind beide Parteien in ihren Details äußerst verspielt und reich an seltsamen Tönen.

Als ganz großer und atmosphärischer Geschichtenerzähler präsentiert sich Tod A beim Titelsong. Von Kirmesorgeln begleitet, legt er nach einer "Seid ihr alle da?"-Frage die Geschichte des tragischen Helden des Albums dar. Im versoffenen Tonfall preist er dem Publikum den armen Wicht auf dem Drahtseil an, der sich abstrampelt. Doch Vorsicht! Du könntest jener sein, welcher ...

"Ponzis Revenge" beschäftigt sich ein zweites Mal (nach dem Album "The Ponzi Scheme") mit dem Halsabschneider, der gutgläubige Menschen in den 20er Jahren in den USA über's Ohr gehauen hat. Das swingende Instrumental mach es einem jedoch schwer, zu verstehen, was Tod uns damit sagen möchte. Vielleicht, dass er das Geld, das er dir abgenommen hat, jetzt swingenden Fußes vertanzt, versäuft oder sonstwie unters Volk bringt? "So everybody stand everybody want you give a big hand to the man on the burning tightrope!" Ich stehe bereits, die Hilfe braucht er - zumindest musikalisch gesehen - mit Sicherheit nicht. Tod A: weiter so.

Trackliste

  1. 1. Fanfare
  2. 2. Anything At All
  3. 3. Too Much (Is Never Enough)
  4. 4. Too Many Angels
  5. 5. Dark Days Indeed
  6. 6. The Man On The Burning Tightrope
  7. 7. The Truth Hurts
  8. 8. Secret
  9. 9. The Vegas Strip
  10. 10. Ponzis Revenge
  11. 11. Don't Make It Stop
  12. 12. The Notorius & Legendary Dog & Pony Show
  13. 13. The Song That Saved My Life
  14. 14. Dark Days Revisited
  15. 15. Descend

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LAUT.DE-PORTRÄT Firewater

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11 Kommentare

  • Vor 20 Jahren

    jojo vor einigen tagen ist mir aufgefallen dass ja 2003 ne neue Firewater rausgekommen ist (wieso sagt mir sowas eigentlich keiner ...). naja das gute stück heisst the man on the burning tightrope und hörproben gibts auf http://www.firewater.tv . also ich muss sagen ich habs mir angehört und es hat mir sofort gefallen.

    ahja wer firewater nicht kennt, die haben vorher schon 3 alben rausgebracht: Get off the cross, we need the wood for the fire; The Ponzi Scheme und Psychopharmacology.
    stilistisch mit sicherheit die diverseste band die ich kenne. extrem reichhaltig instrumentiert. also um ne auswahl zu nennen: Gitarre, Bass, Schlagzeug, Saxophon, Akkordeon (!), marracas (!), auch mal orgel, mandoline und und
    es kommen dann eben auch sehr verschiedene songs bei raus aber eben doch irgendwie immer typisch firewater. muss man einfach mal anhören.

    am besten gefallen haben mir:

    Anything at all: wieder nen klasse song, der mal einfach anders klingt. klasse lyrics haben firewater ja in allen songs.

    too much(is never enough): auch genial, vor allem diese lateinamerikanischen elemente reinzubringen ... sehr cool

    dark days indeed: hmm das is meiner meinung nach der stärkste song aufm album. aber beim besten willen keine ahnung wie ich das beschreiben soll ... aber richtig genial.

    Ponzi's Revenge: Ein instrumentalstück mit vielen bläsern. gefällt mir vor allem ut weils die ponzi scheme tracks "Ponzi's Theme" und "Ponzi's Relapse" nochmal aufgreift

    Don't make it stop: überzeugt durch geniale melodie und die coole dreckige grundstimmung.

    alles in allem klasse album auch wenns leider wie schon der vorgänger "psychopharmacology" nicht an "the ponzi scheme" rankommt. aber da die messlatte damit ja so extrem hoch gelegt wurde nicht wirklich tragisch.

  • Vor 20 Jahren

    hier das ding aber noch nich draussen, soweit ich weiß. kommt erst im märz oder februar, da sich jetset irgednwie pampig gegenüber nois-o-lution hatte.

    zur platte: besser als psychopharmacology, nicht so gut wie the ponzi scheme.

    bin auch mal auf das coveralbum gespannt

  • Vor 20 Jahren

    Spielen bei uns (http://www.kulturladen.de/veranstaltungen/…) live am 12.02. :D
    Vielleicht hamse ja die Platte für den Merch dabei...