laut.de-Kritik

Die Kölnerin hat Soul für drei.

Review von

Man möchte Sängerin Fleur Earth zustimmen, wenn sie befindet: "Es ist schon bizarr." Bizarr, wenn eine junge Lady, die zudem auf Deutsch singt, nicht nur mit Minnie Riperton und Erykah Badu, sondern auch mit Dudley Perkins verglichen wird. Die Analogien, die Kritiker für die zu Grunde liegenden Beats aus dem Ärmel schütteln, reichen dann gleich von Pete Rock über MF Doom zum seligen J. Dilla.

Noch bizarrer: Alle haben Recht. Mit ihrer EP schürt die namengebende Frontfrau der Fleur Earth Experience den Appetit auf das für 2009 versprochene Debüt in voller Mannschaftsstärke. "Erfahrung bringt Profil": Dies tönt angesichts der vorgelegten Leistung fast schon beängstigend. Auf "Skurreal" tritt Fleur nun aber zunächst ohne die Kollegen an, um über hochgradig melodiöse Beats von Twit One und Hulk Hodn, einer Hälfte des Rap-Duos Huss & Hodn, Wort und Mikrofon zu ergreifen.

Am bizarrsten: Ich steh' gar nicht auf Frauenstimmen, die in eher höheren Tonlagen operieren. Ich hab's auch nicht wirklich mit eher kryptischen Texten, die möglicherweise in einem Lyrik-Bändchen besser aufgehoben wären. Wie also gelingt es Fleur Earth, mich widerstandslos um den kleinen Finger zu wickeln? Eigentlich ganz einfach: Die Tante hat Soul für drei.

Rappen kann sie außerdem. Ihre Abstecher in den Sprechgesang in "Hundesohn" oder "Reinfall" erweisen sich keineswegs als ein solcher. Abgesehen davon schwelgt Fleur Earth aber eher in lupenreinem, seelen- und gefühlvollen Gesang. Der erscheint wunderbar ungekünstelt. Statt ihn auf Hochglanz zu polieren, darf er seine Ecken und Kanten behalten. Über all das regiert die Poesie.

Um diese zu zelebrieren muss Fleur Earth gar nicht lange ausholen. Ein einziges Mal benötigt sie länger als drei Minuten, um ihre Botschaft an den Hörer zu bringen. Die teilt sich weniger darüber mit, was gesagt wird. Eher bringt das wie eine Saite zum Klingen. Ein wenig fahrig wirken die Worte, und dennoch mit Bedacht gewählt. Bizarr? Tatsache.

Die Instrumentals, größtenteils ersonnen von Band-Kollege Twit One, unterstreichen die herrschende Stimmung. Dezent umweben Akustikgitarrenklänge die Eröffnungsnummer. Perlende Harfen umschmeicheln "Smile". In "Easy Now" kommt ein Klavier zum Einsatz.

Beim "Hundesohn" darf es ruhig ein wenig knarzen. Im Anschluss demonstriert das Intermezzo "Peace" über ein kunstvoll verwendetes Sample, wie mühelos ein fließendes Piano in Walzerklänge und wieder zurück morphen kann. Auf Hulk Hodns fruchtbarem Mist gedeiht die flächig verschliffene Grundlage zu "Ausdruck".

Gar nicht bizarr, dass "Skurreal" bei Oliver von Felberts Schmelztigel eine Bleibe gefunden hat. Olski beweist seit Jahren ein bewundernswert geschmacksicheres Händchen für musikalische Perlen, wie unter anderem der eine oder andere Sampler aus dem Hause Melting Pot Music bewies. Eigentlich schon wieder bizarr, dass sich bei der Flut miserabler Interpreten immer noch kein einziger Ausfall unter seinem Dach eingenistet hat. Danke dafür. Weitermachen!

Trackliste

  1. 1. Revolver
  2. 2. Ausdruck
  3. 3. Reinfall
  4. 4. En Bouton
  5. 5. Smile
  6. 6. Easy Now
  7. 7. Liebe=High
  8. 8. Black Maki
  9. 9. Away
  10. 10. Hundesohn
  11. 11. Peace
  12. 12. Muse Bist

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