laut.de-Kritik
Im Labyrinth aus Blut, Schweiß und Tränen.
Review von Kai ButterweckAls Frank Carter im Jahr 2013 sein Stadionrock-Projekt Pure Love an den Start brachte, hallte ein Schrei des Entsetzens durch die internationale HC-Szene. An anderen Ufern klatschte man hingegen begeistert in die Hände, vereinte das Debüt seines neuen Projektes doch so ziemlich alles, das dem Breitwand-Genre lieb und teuer erscheint. Mit großen Melodien und satten Alternative-Sounds rannte der Ex-Gallows-Shouter offene Türen ein.
Die Verlockung war aber auch zu groß, schließlich versprach man den Pure Love-Herren Carter und Carroll das Blaue vom Himmel herunter. Ein Jahr später kehrte allerdings schon wieder Ernüchterung ein. Zwar erntete das Debütalbum aus allen Richtungen viel Lob, doch zum großen Durchbruch reichte es nicht.
Dann waren sie plötzlich wieder da: all die Gefühle, die Frank Carter eigentlich leid war: der Hass, die Wut und der Frust. Doch wohin damit? Neue Leute rankarren, ab in den Keller, Amps aufdrehen und raus mit all dem Ballast. Das Ergebnis dieser Rückbesinnung liegt nun auf dem Tisch und trägt den Titel "Blossom".
Insgesamt zehn Mal keift, schreit und brüllt sich Frank Carter hier die Seele aus dem Leib. Dabei unterstützt ihn seine Begleitband, die Rattlesnakes, eine Horde nicht minder angepisster Krawallbrüder, die ihrem Capitano an vorderster Front ein Fundament vor die Füße legen, auf dem Frank Carter nach Lust und Laune herumtrampeln kann.
Kaputt geht hier nichts. Wie auch? Wenn sich räudige Gitarren aus dem Sex Pistols-goes-Hardcore-Archiv mit fetten Bassläufen und krachenden Drums paaren, kann man mit kampferprobten Doc Martens noch so feste auftreten. Da bleibt alles heile ("Trouble", "Rotten Blossom").
Auch durch den Psychedelic-Reißwolf gedrehte Henry Rollins-Adelungen wie das eröffnende Brett "Juggernaut" oder das treibende "Devil Inside Me" serviert Carter mit einer wutschnaubenden Inbrunst, dass einem Hören und Sehen vergeht.
Der Mann ist stinksauer, und er macht keinen Hehl daraus. Eingängige Harmonien, die sein Pure Love-Projekt vorantrieben, sucht man auf "Blossom" vergebens. Carters "Paradise" hüllt dunkler Rauch ein. Verloren in einem Labyrinth aus Blut, Schweiß und Tränen, bahnt sich der Sänger seinen Weg durch finstere Gassen. Schnell, dreckig und aggressiv wie ein gereizter Pitbull schießt das Kollektiv mit markerschütternden Hardcore-Punk-Salven um sich ("Loss"). Nicht einmal der Tod bringt Erlösung ("Beautiful Death").
Am Ende bleibt nur der pure Hass übrig ("I Hate You"). Und dann steht alles in Flammen, und aus dem Feuer tritt ein Mann, der in seinem Innersten wieder dort angekommen ist, wohin er eigentlich nie zurück wollte: im Reich der Dunkelheit. Sein Name ist Frank Carter. An seiner Seite züngeln giftige Klapperschlangen. Wehe dem, der nicht aus dem Weg geht.
4 Kommentare mit 7 Antworten
Ich dachte der Frank macht jetzt auf Folk-Futzi wie z.B. der Typ von City & Colours. Rückfall in alte Muster können durchaus ohne den alten Background schiefgehen. Doch Carter gehört zu den besseren Hardcore-Frontern und kann den Gallows-Charme durchaus auch Solo rüber retten. Wetten der geht bald auch wieder Fremd mit seiner EX
Hat er vor ein oder zwei Jahren auf dem Reading Festival tatsächlich gemacht und spontan mit Gallows Orchestra of Wolves performed. Wenn man sich die musikalische Entwicklung von Gallows angucke halt ichs aber für unwahrscheinlich, dass er da wieder einsteigt.
Ick würde mich freuen wenns wieder wat wird...die waren beim Split gerade in ner guten Phase
taugt mir wesentlich mehr, als die letzte gallows
Neee die hat viel mehr Punch, Rotz und Galle als dit Ding hier...
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
letzte gallows war sicherlich härter, songwriting war aber allenfalls durchschnittlich, rauschte mehr oder weniger einfach so durch.
hier hab ich allein bei "juggernaut" scho 5 x auf repeat beim ersten hördurchgang gedrückt, dass teil hat halt den charme, den gallows seit orchestra nimmer auf die kette bekommen haben.
Na gibt ja bald nen neuen Anlauf für die Gallows wir warten ab...
ich werde reinhören. und wehe es ist nicht gut!
Gutes Album, aber fünf? Nee.
fünf ist einer zuviel.