laut.de-Kritik

Satter Abschieds-Rock'n'Roll mit Träne im Knopfloch.

Review von

Die Gründung von Fury In The Slaughterhouse ist bereits über zwanzig Jahre her. 2008 ist das Jahr des endgültigen Abschieds. Zum Abschluss gaben die Hannoveraner ein - natürlich ausverkauftes - Konzert in ihrer Heimat. Noch einmal führten die fünf Pferdeschlächter vor, was sie so besonders machte, und hinterließen beim Publikum mehr als nur die eine berühmte Träne im Knopfloch. Davon können sich alle Fans nun dank eines kurzweiligen DVD-Mitschnitts überzeugen.

Satte 151 Minuten Spielzeit sind darauf zu finden - Fury gaben noch einmal alles. Pralle 27 Titel umfasst das Set - da hat sich eine Menge Hitmaterial angesammelt. Mit "Cut Myself Into Pieces" eröffnet die Band mit viel Druck und Energie den Abend. Bier und Zigaretten finden in der Folgezeit ihren Weg auf die Bühne. Wehmut taucht im Publikum spätestens beim dritten Song auf: "Hello And Goodbye" macht gerade vor dem Hintergrund dieses Abends besondere Gänsehaut. Sänger Kai Wingenfelder legt all seine Emotionen in den Song, denn "Dieser Titel ist heute Abend Programm". Unkaputtbar: Das rockige "When She Said", bei dem Torsten Wingenfelder mit einen seiner Solo-Sangesauftritte die Menge begeistert.

Für's Abstürzende Brieftauben-Cover "Zwei Pullen Korn" wartet ein Gaststar auf: Ausgerechnet Elton, die talentfreie Nachgeburt Stefan Raabs, findet den Weg auf die Bühne. Doch überraschenderweise nervt der diesmal unbebrillte Reich-Ranicki des Unterschichten-TV nicht gar so extrem wie gewohnt und macht am Mikro sowie optisch eine - naja - leidlich akzeptable Figur. Erfreulicherweise lässt er sich nach Song-Ende in Stagediving-Manier irgendwohin fort in die Nacht entsorgen. Sicher kein Wunder, dass sich sofort unzählige Hände dieser Aufgabe bereitwillig annehmen.

Feuchte Augen vor der Bühne natürlich bei der großen Ballade "Time To Wonder". Gut, 1000 Mal gesehen, die Wunderkerzen-Heere auf Konzerten, aber zu diesem Anlass und diesem Song passt es einfach. Viele Titel sind ganz besonders Programm, so natürlich vor allem das das Konzert beschließende "Seconds To Fall" mit Unplugged-Anstrich inklusive wehmütigem Akkordeon und leise gezupfter Akustik-Gitarre.

Über die gesamte Konzertlänge hinweg spielt Kai Wingenfelder noch einmal packend sein einzigartiges, charismatisches Vokal-Können aus, das dem Fury-Stil über all die Jahre seine Besonderheit verlieh. Stimmen mit echtem Wiederkennungswert sind ohnehin nicht so häufig zu finden. Aber sie bleibt uns wohl erhalten, Kai startet eine Solo-Karriere. Mit "Alone" lieferte der Fury-Frontmann ja bereits einen kräftigen Appetithappen ab.

Kamera- und Regiearbeit zeigen sich dem Anlass entsprechend. Man verzichtet erfreulicherweise auf hochglanzgelackte, hektische Schnitte. Einfühlsam finden Momentaufnahmen der Abschied nehmenden Fans ihren Weg in den Konzertfilm. Satt und rund die Sound-Ausführung: Der Mix in DTS 5.1 bietet ein plastisches und nie künstlich aufgemotzt wirkendes Klangbild, der stets Raum für die vielen Arrangement-Details bereit hält.

Für viele Rock-Fans bedeuten Fury In The Slaugterhouse "nur" eine Mainstream-Band, doch hinterlassen sie einen prall gefüllten Sack mit prächtigen Songs und Balladen voller Energie und Aufrichtigkeit. Im Gegensatz zu manch anderer Formation haben die Furys ihren Zeitpunkt richtig gewählt, um in Würde und zurückbleibender guter Erinnerung die große Bühne zu verlassen. Kai Wingenfelder erläutert dazu: "Man muss sich überlegen, in 6,7,8 Jahren sind wir über 50, und Rock'n'Roll ist da irgendwie vorbei. Ich bin nicht so ein Stones-Typ, der da mit 60 Jahren ausgemergelt auf der Bühne herumspringt, und versucht, einen juvenilen Typen zu mimen".

Well Done, Boys. Und beim Anschauen der DVD funkelte da was im Flur an meinem Jackenständer. Wohl eine Träne im Knopfloch, irgendwie rübergeflogen beim zwischenzeitlichen Bierholen aus der Küche. "Won't Forget These Days" ... aber gewiss!

Trackliste

  1. 1. Cut Myself Into Pieces
  2. 2. Hang The Dj
  3. 3. Hello And Goodbye
  4. 4. Radio Orchid
  5. 5. Jericho
  6. 6. Then She Said
  7. 7. Dancing In The Sunshine Of The Dark
  8. 8. Should Have Known Better
  9. 9. One Good Reason
  10. 10. Bring Me Home
  11. 11. On Alarm
  12. 12. Are You ReaI
  13. 13. Every Generation Got lts Own Disease
  14. 14. Trapped Today, Trapped Tomorrow
  15. 15. Haunted Head And Heart
  16. 16. Zwei Pullen Korn Feat. Elton
  17. 17. Cry It Out
  18. 18. Milk And Honey
  19. 19. When l'm Dead And Gone
  20. 20. Time To Wonder
  21. 21. Kiss The Judas
  22. 22. Kick It Out
  23. 23. Won't Forget These Days
  24. 24. Riding On A Dead Horse
  25. 25. Dead Before I Was Born
  26. 26. Down There
  27. 27. Seconds To FaIl

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