laut.de-Kritik
Satter Abschieds-Rock'n'Roll mit Träne im Knopfloch.
Review von Artur SchulzDie Gründung von Fury In The Slaughterhouse ist bereits über zwanzig Jahre her. 2008 ist das Jahr des endgültigen Abschieds. Zum Abschluss gaben die Hannoveraner ein - natürlich ausverkauftes - Konzert in ihrer Heimat. Noch einmal führten die fünf Pferdeschlächter vor, was sie so besonders machte, und hinterließen beim Publikum mehr als nur die eine berühmte Träne im Knopfloch. Davon können sich alle Fans nun dank eines kurzweiligen DVD-Mitschnitts überzeugen.
Satte 151 Minuten Spielzeit sind darauf zu finden - Fury gaben noch einmal alles. Pralle 27 Titel umfasst das Set - da hat sich eine Menge Hitmaterial angesammelt. Mit "Cut Myself Into Pieces" eröffnet die Band mit viel Druck und Energie den Abend. Bier und Zigaretten finden in der Folgezeit ihren Weg auf die Bühne. Wehmut taucht im Publikum spätestens beim dritten Song auf: "Hello And Goodbye" macht gerade vor dem Hintergrund dieses Abends besondere Gänsehaut. Sänger Kai Wingenfelder legt all seine Emotionen in den Song, denn "Dieser Titel ist heute Abend Programm". Unkaputtbar: Das rockige "When She Said", bei dem Torsten Wingenfelder mit einen seiner Solo-Sangesauftritte die Menge begeistert.
Für's Abstürzende Brieftauben-Cover "Zwei Pullen Korn" wartet ein Gaststar auf: Ausgerechnet Elton, die talentfreie Nachgeburt Stefan Raabs, findet den Weg auf die Bühne. Doch überraschenderweise nervt der diesmal unbebrillte Reich-Ranicki des Unterschichten-TV nicht gar so extrem wie gewohnt und macht am Mikro sowie optisch eine - naja - leidlich akzeptable Figur. Erfreulicherweise lässt er sich nach Song-Ende in Stagediving-Manier irgendwohin fort in die Nacht entsorgen. Sicher kein Wunder, dass sich sofort unzählige Hände dieser Aufgabe bereitwillig annehmen.
Feuchte Augen vor der Bühne natürlich bei der großen Ballade "Time To Wonder". Gut, 1000 Mal gesehen, die Wunderkerzen-Heere auf Konzerten, aber zu diesem Anlass und diesem Song passt es einfach. Viele Titel sind ganz besonders Programm, so natürlich vor allem das das Konzert beschließende "Seconds To Fall" mit Unplugged-Anstrich inklusive wehmütigem Akkordeon und leise gezupfter Akustik-Gitarre.
Über die gesamte Konzertlänge hinweg spielt Kai Wingenfelder noch einmal packend sein einzigartiges, charismatisches Vokal-Können aus, das dem Fury-Stil über all die Jahre seine Besonderheit verlieh. Stimmen mit echtem Wiederkennungswert sind ohnehin nicht so häufig zu finden. Aber sie bleibt uns wohl erhalten, Kai startet eine Solo-Karriere. Mit "Alone" lieferte der Fury-Frontmann ja bereits einen kräftigen Appetithappen ab.
Kamera- und Regiearbeit zeigen sich dem Anlass entsprechend. Man verzichtet erfreulicherweise auf hochglanzgelackte, hektische Schnitte. Einfühlsam finden Momentaufnahmen der Abschied nehmenden Fans ihren Weg in den Konzertfilm. Satt und rund die Sound-Ausführung: Der Mix in DTS 5.1 bietet ein plastisches und nie künstlich aufgemotzt wirkendes Klangbild, der stets Raum für die vielen Arrangement-Details bereit hält.
Für viele Rock-Fans bedeuten Fury In The Slaugterhouse "nur" eine Mainstream-Band, doch hinterlassen sie einen prall gefüllten Sack mit prächtigen Songs und Balladen voller Energie und Aufrichtigkeit. Im Gegensatz zu manch anderer Formation haben die Furys ihren Zeitpunkt richtig gewählt, um in Würde und zurückbleibender guter Erinnerung die große Bühne zu verlassen. Kai Wingenfelder erläutert dazu: "Man muss sich überlegen, in 6,7,8 Jahren sind wir über 50, und Rock'n'Roll ist da irgendwie vorbei. Ich bin nicht so ein Stones-Typ, der da mit 60 Jahren ausgemergelt auf der Bühne herumspringt, und versucht, einen juvenilen Typen zu mimen".
Well Done, Boys. Und beim Anschauen der DVD funkelte da was im Flur an meinem Jackenständer. Wohl eine Träne im Knopfloch, irgendwie rübergeflogen beim zwischenzeitlichen Bierholen aus der Küche. "Won't Forget These Days" ... aber gewiss!
5 Kommentare
Schade. Eine sehr, sehr geile band.
Zum Glück! Wieder was Belangloses seichtes weniger!
@runner70 (« Zum Glück! Wieder was Belangloses seichtes weniger! »):
Lass mich raten, noch kein einziges Lied gehört?
Wow, Fury in the slaughterhouse. So was von 90er, das gibts gar nicht. An die habe ich JAHRE nicht einmal mehr gedacht....
@runner70 (« Zum Glück! Wieder was Belangloses seichtes weniger! »):
die ersten fünf jahre waren doch ganz in ordnung.
loe