laut.de-Kritik
Mit Schwung in den Ruhestand.
Review von Giuliano BenassiDer Auftritt, der am 10. Januar 2014 in Atlanta stattfand, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Er dauerte über vier Stunden. Er zelebrierte einen Musiker, der schwere gesundheitliche Schläge überstanden hatte - zuletzt eine Lebertransplantation. Er versammelte eine beeindruckende Zahl an Gästen auf der Bühne. Und: Er sollte den Abschied der Allman Brothers Band darstellen.
Jener legendären Combo, die seit dem Ende der 60er Jahre den Südstaatenrock prägt und ihn damals sogar mitbegründete. Dass sich das Line-up dabei unzählige Male veränderte und Gregg Allman neben Schlagzeuger Butch Trucks schon lange die letzten übrig gebliebenen Gründungsmitglieder waren, tröstet über die Wehmut nicht hinweg. Schließlich haben sie Hochkaräter wie Warren Haynes und Derek Trucks auf der Bühne großgezogen. Genau diese zwei deuteten an, dass nach dem Konzert Schluss sei. Was Allman dazu veranlasste, die Band wohl für immer ruhen zu lassen.
Böses Blut gabs auf der Bühne keines, im Gegenteil. Gerade die zwei Aussteiger eröffnen die Show und heizen dem Publikum ein. Für einen erste Überraschung sorgt Sam Moore, der eher im Soul als im Rock verwurzelt ist, für die zweite Blues-Veteran Taj Mahal, zu dem sich dann auch Allman auf die Bühne müht. Wirklich fit wirkt er nicht, aber er freut sich offenbar über den Event und begleitet Mahal an der Orgel.
Für den vorläufigen musikalischen Höhepunkt sorgen allerdings Widespread Panic in Kombination mit Derek Trucks, die zur Konzertmitte die größte Spielfreude versprühen. Danach dominieren eher countryeske bis schnulzige Töne. Alt-Folk-Rocker Jackson Browne läutet die Schlussphase ein, in der ABB noch mal Gas geben, bevor alle Beteiligten – und das sind eine Menge – den Evergreen "Will The Circle Be Unbroken" zum Besten geben.
Gäste sind das eine - die Musiker, die im Hintergrund spielen, das fast noch Wichtigere. Sie sorgen dafür, dass das Konzert trotz der vielen Sänger und Gitarristen aus einem Guss klingt. Obercool gibt sich Don Was am Bass, ansonsten Produzent und Labelchef bei Blue Note Records. Mit dabei auch Keyboarder Chuck Leavell, mit dem Gregg Allman 1974 ABB nach dem Tod seines Bruders Duane neu aufstellte. Natürlich haben auch die weiteren Musiker, darunter Star-Session-Drummer Kenny Aronoff, Bläser, Backgroundsängerinnen, Perkussionisten und Mundharmonikaspieler, einen Lebenslauf vorzuweisen.
Kein Wunder also, dass sich der ein oder andere zum Schluss dieser Best Of-Veranstaltung der anderen Art die Tränen kaum verkneifen kann. Festgehalten in verschiedenen Formaten, Längen und Trägern, wie es der Markt anno 2014 vorgibt. Die Qual besteht zum Glück in der Auswahl des Mediums und der Länge des Mitschnitts und nicht im Mitschnitt selbst. Schade, dass es die ABB nicht mehr geben soll. Schön, dass Gregg Allman sie auf diese Art und Weise verabschiedet hat.
PS: Schließlich hat sich die ABB doch noch zu einigen Auftritten breitschlagen lassen. Die letzten finden im Oktober 2014 in New York statt.
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