laut.de-Kritik
Wenn es Bier vom Himmel regnet: Metal für den Ballermann.
Review von Kai ButterweckFurchteinflößende Fratzen aus der Halloween-Nacht, reichlich Schminke für den Ziegenbart und ein musikalisches Frittenbudenmenü für Krachliebhaber, die morgens mit Clawfinger im Ohr zur Maloche spazieren und abends mit Calvin Kleinen um die Häuser ziehen: So oder so ähnlich präsentieren sich Hämatom auf ihrem neuen Studioalbum "Lang Lebe Der Hass".
Im Universum der Breitbeinigen marschieren die Süddeutschen mit den vermeintlich dicksten Eiern im Kreis. Was die Musik betrifft, kann man schon nach dem pumpenden Opener "Es Regnet Bier" festhalten: Hämatom funktionieren super – vor allem in der Großraumdisko am Ballermann. Wenn Mia Julia schon im Bett liegt, und die Putzkolonne die letzten Sangria-Opfer aus der Location zerrt, schließen Hämatom ihre Amps an und laden zur Nachspielzeit.
Während es Bier vom Himmel regnet, bleibt die Band nicht lange alleine. Schnell füllt sich der Laden mit Wacken-Dauerkartenbesitzern, die - noch halbwegs auf den Beinen stehend - in Windeseile in den Moshpit-Modus schalten. "Dapdadada – Dapdadada – Dapdadadadadadada", schallt es aus den Boxen. Fette Chöre, satte Bratzgitarren und Melodielinien aus der Schlagerpop-Hölle mähen alles nieder, was nicht niet- und nagelfest ist.
"Manchmal muss man die Muse einfach volley nehmen und versenken", heißt es im zugehörigen Pressetext. Zieht man den sportlichen Vergleich hat man Bilder von Filigrantechnikern wie Hans-Peter Briegel und Vinnie Jones vor Augen, die im Eifer des Gefechts quer in der Luft liegen. Beim anschließenden "GAGA" tönt Thorsten Scharf: "Gott sei Dank / ich bin total geisteskrank!", poltert der Sänger, während sich im Hintergrund blecherne Julian Sommer-Synthies mit krachenden Rammstein-Gitarren vereinen.
Musikalisch betrachtet, sorgen Hämatom dafür, dass sich Fans von Clawfinger, Rammstein und den Böhsen Onkelz im Bierregen in den Armen liegen. Inhaltlich ... nun ja, was soll man sagen? "Wir haben schon Tauben Köpfe abgebissen, da hast du dich noch vor Angst bei Bambi eingeschissen", tönen die Oberfranken im selbstbeweihräuchernden Stampfer "Straßenbande 666". Für den Sprung in die hiesige Aggro-Rap-Szene braucht man keinen langen Anlauf.
Polarisieren und provozieren lautet die Devise. Dabei setzen Hämatom auf eine platte, stumpfe Wortwahl sowie einen holprigen Flow, mit dem man selbst in der Kreisklasse des Deutschraps im Tabellenkeller festhängt ("SOS").
Nach gut einer halben Stunde hat der Spuk ein Ende. Der Band fällt nichts mehr ein, außer dem Opener noch schnell einen internationalen Anstrich zu verpassen. Man kann nur hoffen, dass sich "It's Raining Beer" keinen allzu weiten Weg hinter die Landesgrenzen bahnt. Was sollen sonst die Nachbarn von uns denken?
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