laut.de-Kritik
Düstere und rohe Musik mit Köpfchen.
Review von Michaela PutzDass die Saalfelder von Heaven Shall Burn nicht nur beinharte Musik und energiegeladene Live-Shows draufhaben, sondern auch was im Kopf, das beweisen sie erneut mit "Deaf To Our Prayers". "Wir wissen, dass es da draußen Leute gibt, die ihren Kopf zum Bangen und zum Denken benutzen wollen. Das ist es, was uns ausmacht", so Gitarrist Mark zum 'Prinzip HSB'.
Wieder haben sie sich keiner leichten Thematiken angenommen. Zogen Heaven Shall Burn beim Vorgänger-Album ihre Inspiration aus der mythologischen Figur der Antigone, ist es bei "Deaf To Our Prayers" Heinrich Heines Gedicht "Die schlesischen Weber". Doch auch andere literarische und geschichtliche Einflüsse werden verarbeitet. "Of No Avail" oder "The Final March" sehen sich von Gerhart Hauptmanns Drama "Die Weber" beeinflusst.
"Mybestfriends.Com" ist ein bitterer und ironischer Seitenhieb auf MySpace-Freundschaften. "Armia" behandelt den Kampf polnischer Partisanen gegen die Besatzungsmacht bei der Schlacht um Warschau 1944. Vornehmliche Intention war dabei, Parallelen zwischen der Arbeitersituation des 19. Jahrhunderts und unserer heutigen, globalisierten Gesellschaft zu ziehen. Dass die hier verarbeitete Problematik keinen eingängigen, positiven Sound nach sich zieht, sollte klar sein.
Schon das Artwork des Covers lässt auf Hoffnungslosigkeit sowie auf Vereinsamung des Individuums schließen. Musikalisch läuft dies auf einen ziemlich aggressiven Output hinaus. "Wir hatten die Vision, eine rohe, direkte und ungeschminkte Platte aufzunehmen", beschreibt die Band ihr Vorhaben. Und tatsächlich ist das neue Album um einiges brutaler ausgefallen als "Antigone". Die neuen Stücke sind überaus schnell und alles klingt eine Spur komplexer. Außerdem weichen auf "Deaf To Our Prayers" die Metalcore-Einflüsse dem melodischen Death Metal, was ich persönlich sehr begrüßenswert finde. Zu diesem Eindruck passt auch Marcus' Gesang. Der ist diesmal noch um einiges düsterer ausgefallen, auf klare Gesangslinien wird verzichtet.
Zwischen den Songs gibt es kaum Zeit zum Luftholen. Die Tracks legen meist schon am Anfang ordentlich los und halten bis zum Ende durch. Was jedoch der Abwechslung ein wenig Abbruch tut. Heraus stechende Songs wie "The Weapon They Fear" vom letzten Album finden sich nicht. Zumindest nicht sofort. Denn so mancher Track entpuppt sich nach mehrmaligem Anhören als wahres Goldstück. Um in die bewusst rau gehaltene Struktur einzutauchen, bedarf es einfach einiger Durchgänge. "Counterweight" etwa reißt mit seinem fatalistisch klingenden Refrain immer mehr mit und auch "Of No Avail" hinterlässt bald bleibenden Eindruck.
"The Greatest Gift Of God" als letzter Song ist, im Gegensatz zu den restlichen Nummern, ein richtig langsamer Ausklang für das Album und besticht mit seiner melancholischen Melodie. Heaven Shall Burn haben damit ein ebenso kluges wie düsteres Album geschaffen, mit dem sie einen großen Schritt nach vorne gehen.
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