laut.de-Kritik
Die legitimen Erben der B-52's.
Review von Alexander CordasEine singende Frau, die hinter einem mächtigen Kontrabass steht, drei Typen mit einbetonierter Frisur und Tattoos: Das muss Psychobilly sein. Scheinbar. Wer sich nicht mit stilistischen Spitzfindigkeiten abgeben will, kann den Psycho gerne Billy sein lassen und sich ganz unvoreingenommen dem zweiten Ouevre der Horrorpops widmen. So wie der Rezensent auch, der bislang herzlich wenig mit diesem Genre am Hut hatte.
Ähnlich sieht das wohl auch das Quartett um das Ehepaar Patricia Day und Kim Nekroman. Purismen sind ihre Sache nicht. Übel meinende Querschüsse aus der Szene quittiert Frontdame Day mit einem beherzten Statement gleich im Opener. "You can go and na na na yourself". Fuck ist nicht ihr Wort. Wozu auch. Wer so schön elegant singen kann, bedarf keiner kräftigen Sprache, um als exzellente Chanteuse zu gelten. Überhaupt der Gesang. In der Presse geistern ja die abenteuerlichsten Vergleiche herum, wenn es darum geht, ihre stimmlichen Qualitäten hervor zu heben. Gwen Stefani zum Beispiel. Dabei haben sämtliche Wortführer vergessen, einen viel treffenderen Namen in der Hirnrinde abzuspeichern: Kate Pierson.
Während die B-52's-Sirene zunehmend in die Breite geht und neues Material aus Athens nicht zu erwarten ist, springen die Horrorpops in die Bresche. Mit Harmonien, die geradewegs aus der Ideenkiste der 52's stammen könnten, und einer stimmlichen Verwandtschaft, die schon fast ängstigt, gehen die Horror-Lollies in die Vollen. Wundern würde es nicht, wenn Nachforschungen in Patricia Days Stammbaum ergeben sollten, dass sie tatsächlich die jüngere Pierson-Schwester wäre. Die Horrorpops gehen angenehm, spielfreudig, originell und launig zu Werke. So kommen Plagiats-Vorwürfe aber erst gar nicht auf.
Neben dem ständig twengelnden Bass streut das Quartett immer wieder schöne Off Beats ein, die die heftig polternden Polka-Rhythmen ein wenig auflockern. Wer hier aber nur mit dem Kopf nickt, sollte schleunigst zum Arzt gehen. Was die dänischen Wahl-Amis in 13 Songs aus dem Hut zaubern, ist nämlich aller Party-Ehren wert.
Punkige Brecher wie das erwähnte "Freak In Uniform" geben sich mit schön schunkelnden Groovern ("Hit'n'Run") die Klinke in die Hand. Unterstützung erfahren die Lollies dabei von zwei durchgeknallten Go Go-Mädels, die sich den Background-Gesang teilen und die Vokalakrobatik wiederum in 52's-Gefilde verschieben. Dabei erstarren die Horrorpops nicht in reinem Schönklang. Das nötige Gitarrenbrett erklingt zur Genüge, "Bring It On!", "Undefeated" und "Crawl Straight Home" glänzen auf der Habenseite. Im schleppenden "Walk Like A Zombie" gibt sich Brett Gurewitz die Ehre. Im Wechselgesang und beim routiniert vorgetragenen "Aduwapp" im Background kürt er mit Patricia im Duett eines der vielen Highlights auf "Bring It On!".
Popappeal und Psychobilly gehen hier eine perfekte Liaison ein. Zu bewundern im Dezember, wenn der kleine Horrorladen für eine kleine Tour auch in hiesigen Breiten Station macht.
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