laut.de-Kritik

Plastikpop für stillose Aufreißerschuppen.

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Zunächst möchte ich an dieser Stelle sämtliche Wortspiele ausschließen, die sich in Verbindung mit dem Bandnamen Hurts und der Qualität des Albums machen ließen. So billig kommen Theo Hutchraft und Adam Anderson in diesem Text nicht davon. Denn was die beiden Briten mit ihrem vierten Langspieler "Desire" abliefern, übertrumpft den schwer erträglichen Vorgänger "Surrender" in Sachen Pomp und Kitsch nochmal erheblich. Herzlichen Glückwunsch zu einer konsequenten musikalischen Weiterentwicklung. Wenn es das Ziel des Duos war, Plastikpop für stillose Aufreißerschuppen zu machen, hat es das mit diesem Werk erreicht.

Der Opener "Beautiful Ones" ist für interessierte Hörer kein Warnschuss mehr, er trifft den guten Geschmack direkt zwischen die Augen. Der anfangs stumpf pochende Piano-Beat ersäuft bereits nach weniger als einer Minute in einem hymnenhaften Totalausfall von Refrain. Was wohl beschwingt und frei klingen soll, wirkt in der überbordenden Produktion nur noch abgeschmackt. Vor dem geistigen Auge kann man währenddessen Formatradio-DJs sehen, die sich zufrieden die Hände reiben. Das reißt auch das knallige Gitarrensolo nicht mehr raus, das irgendwie noch in den Höhepunkt des Songs gequetscht wurde.

Ab "Ready To Go" entblößen Hurts dann auch ihr Songrezept: Ein platter Beat, ein wenig Piano und schrecklich entstellte Vocals, die dem Crazy Frog gefährlich nahe kommen, landen im Mixer. Das Ganze kräftig mit einer Plastikkelle umrühren und zu lange in der Sonne stehen lassen - fertig. Bei den Texten verhält es sich ähnlich simpel. Hutchcraft und Anderson besingen das schöne Geschlecht mit einem Eifer, als wäre "Desire" ein Konzeptalbum über schmachtende Männer. "Why didn't you call me right back? / We needed to talk", heißt es in "Something I Need To Know", "Whatever I Do / I'm thinking of you" in "Thinking Of You" und "In my eyes you are a perfect work of art / So I'll keep letting you know" in "Wherever You Go". Hurts machen ihren Schmonz für die Menschen, die bereits eine einstweilige Verfügung an der Backe haben.

Was die Synthesizer dabei an grauenhaften Sound-Ungetümen ausspucken, negiert den scheinbar stilsicheren Auftritt, den das Cover vermitteln soll. Hochgepitchte Voice-Samples in die lahmen Rhythmen einzubauen, stellt sich letztendlich als Katastrophe heraus, ist aber wohl spätestens seit Justin Biebers "Purpose" wohl en vogue. In "Chaperone" nimmt sich das seelenlose Quietschen endlich mal eine Auszeit. Hurts können ihre Finger aber doch nicht vom Pitch-Regler lassen und schlachten den Song, der vielleicht eine ganz niedliche Ballade hätte werden können, in einem Autotune-Gemetzel im letzten Akt ab.

Von weiteren Experimenten lassen Hurts dann glücklicherweise ab. Der Liebe-Pathos-Mix mit Chor-Refrains und gewollter Stadionatmosphäre hält endlich wieder Einzug und fährt auf Hochtouren. In "Wait Up" darf sich noch eine einsame Trompete unter das Klangbild mischen. Schließlich muss "Desire" noch etwas Abwechslung bieten. Der Schlusspunkt "Magnificent" stellt sich wohl als der noch hörbarste Teil des Albums heraus, gerade weil sich die Briten hier über weite Teile auf ein eher klassisches Arrangement einlassen.

Das ändert leider auch nichts daran, dass "Desire" zu einer überproduzierten Seifenoper verkommt, bei der im Laufe der Entstehung irgendwann der gute Geschmack über Bord geworfen wurde. Irgendwo in diesen Klangverirrungen stecken möglicherweise wunderschöne Liebeslieder und herzzerreißende Balladen, die Hurts jedoch mit scheußlichen Beats und ausufernder Theatralik unkenntlich machen.

Trackliste

  1. 1. Beautiful Ones
  2. 2. Ready To Go
  3. 3. People Like Us
  4. 4. Something I Need To Know
  5. 5. Thinking Of You
  6. 6. Wherever You Go
  7. 7. Chaperone
  8. 8. Boyfriend
  9. 9. Walk Away
  10. 10. Wait Up
  11. 11. Spotlights
  12. 12. Hold On To Me
  13. 13. Magnificent

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