laut.de-Kritik
Nach der Hälfte des Album ist die Luft raus.
Review von Michael EdeleWenn sich Jon Shaeffer auf die Schüssel setzt und die Hose runter lässt, müsste er eigentlich immer eine Sonnenbrille tragen. So sehr, wie dem Mann seit der Rückkehr von Sänger Matt Barlow die Sonne aus dem Arsch scheinen dürfte, ist bei jedem Stuhlgang Lichtschutzfaktor 8000 angesagt. Sollte man zumindest meinen, denn laut seinen Aussagen hat man als Fan die nächste Offenbarung vor sich.
Nun sieht man sich ja nicht zum ersten Mal mit dem Phänomen konfrontiert, dass manch Musiker, der die Schnauze gerne sehr voll nimmt und die Realität außen vor lässt, nicht selten auf dem Bauch landet. Ok, eine glatte Bauchlandung ist der zweite Teil der "Something Wicked"-Story nicht geworden, aber auch der zurück gekehrte und stimmlich gewohnt starke Matt Barlow macht aus diesem soliden Stück Hartmetall noch keine Goldkrone. Dabei geht es mit dem klassisch/choralen Einstieg "In Sacred Flames" noch spannend los. Auch "Behind The Wicked Child" dreht interessant auf. Doch die Luft ist dann erstaunlich schnell raus.
So bitter das klingen mag, aber nach der ersten Hälfte der Scheibe steht man zwar unter dem Eindruck guter Musik mit einem ausdrucksstarken Sänger, aber bis auf das balladeske "A Gift Or A Curse" findet fast alles im gleichen Tempo statt. Da kann Meister Shaeffer seinen Gitarrenstil so oft und fleißig schrubben wie er will, Spannung kommt keine auf. Immerhin will er hier doch eine actiongeladene Science Fiction-Story erzählen und nicht die Urlaubsreise zum Grand Canyon dokumentieren.
An Matts Gesangsleistung gibt es genauso wenig auszusetzen, wie an die des Rippers auf dem Vorgänger. Der an Blind Guardian erinnernde Refrain von "Crown Of The Fallen" ist klasse, das ruhige "Harbringer Of Fate" ein Lichtblick und in "Crucify The King" bringt Matt echte Dramatik ein. Doch scheint ihm der Iced Earth-Chef nicht sonderlich viel Freiraum gelassen zu haben, denn bei Pyramaze hat er die definitiv stärkere Leistung erbracht.
Die musikalischen Muskeln lassen Iced Earth lediglich beim kräftigen "Divide And Devour" spielen, geht es an dieser Stelle doch schneller zur Sache. Die Blind Guardian-Parallelen treten auch hier deutlich in den Vordergrund. Auch das epische "Come What May" hat durchaus seine starken Momente und klingt sehr abwechslungsreich. Wenn das klassische "Epilogue" das Ende einläutet, fragt man sich aber dennoch, wo der erwartete Paukenschlag geblieben ist, den man sich vom zweiten Teil der Saga erhofft hat.
Das Album lässt einen ein wenig ratlos zurück. Immerhin weiß man, zu welch großen Leistungen das Team Shaeffer/Barlow fähig ist. Die Gigs auf dem Rock Hard und dem Bang Your Head waren beide verdammt stark. Man muss sich deshalb fragen, warum sie das hier viel zu selten reproduzieren können.
1 Kommentar
Come What May ist mal der Übertrack schlechthin