laut.de-Kritik
Black'n'Roll als Zeitvertreib.
Review von Alex KlugEmperor-Album? Gibt's nicht. Zwar touren die Black-Metal-Urgesteine mittlerweile wieder rund um den Globus, neue Musik verweigert Vordenker Ihsahn dennoch mit aller Vehemenz. Ein auf Oldschool getrimmtes Kommerz-Produkt unter altem Banner wäre ja auch eine ziemliche Vergeudung von Kapazitäten. Und eine unnötige Abwertung seines erlesenen Solo-Outputs, der 2018 mit "Ámr" noch einmal hochklassigen Zuwachs bekam.
Stattdessen legt der produktive Herr Tveitan nun erstmals eine EP vor. Eine EP, die sich thematisch und soundtechnisch auf Heimat und musikalische Wurzeln stützen soll. Ehrlich wahr jetzt? Liebe Emperor-Fans: Durchatmen.
"Telemark" zeichnet mit Schneesturm-Cover und norwegischen Lyrics zwar ein verdammt schwarzmetallisches Bild, schlüpft aber glücklicherweise nicht ins plakative "Nightside Eclipse 2.0"-Kostüm. Stattdessen schraubt Ihsahn lediglich die progressiven (und synthetischen) Trademarks seiner jüngeren Karriere zurück. Heraus kommen eine Handvoll tatsächlich roher, aber dennoch gewohnt auf Perfektion getrimmter Songs.
Musikalisch mal melodischer ("Telemark"), mal härter ("Stridig"), mal als lupenreiner Black'n'Roll ("Nord") auftretend, teilen sich die drei Songs vor allem wirklich fies knurrende Vocals. Das unterstreicht die versprochene härtere Grundausrichtung und klingt dank linguistischer Barriere teils sogar etwas nach Shinings Niklas Kvarforth.
Fies, direkt, kurzweilig: Was die Songs darüber hinaus gemein haben, ist ein Mangel an wiederkehrenden Elementen. Sicher, niemand braucht bei eigentlich sperriger Musik allzu prägnante Melo-Hooklines (wenngleich sie auf "Ámr" so verdammt sexy funktioniert haben). Doch so flowt alles im strukturierten Chaos, ein Klanggewölbe, in dem auch Saxofonist Jørgen Munkeby (die anderen Shining) wieder prägnant vertreten ist.
Doch abgesehen von kompositorisch gewohnt hoher Güte und zwei unterhaltsamen Coverversionen von Lenny Kravitz ("Rock And Roll Is Dead") und Iron Maiden ("Wrathchild") driftet die EP dann eben doch etwas orientierungslos durch den luftleeren Raum. Die düsterrockige Ausrichtung steht Ihsahn durchaus gut zu Gesicht, andererseits gab's das zu "Arktis."-Zeiten auch schon mal in wesentlich eingängigerer und nachhaltigerer Form ("Mass Darkness").
Selbst wenn hinter der "Musical Roots"-Promo mehr als der Versuch steckt, ein paar Altfans zu mobilisieren: Das musikalisch Böse, das Emperor und andere Bands zu Beginn der Neunziger beschworen, steckt Ihsahn ja durchaus noch im Blut. Und diese zeitgenössische Abnormität steht ihm eben wesentlich besser zu Gesicht: Industrial-Blaster wie der Opener des Vorgängers oder der improvisationsgetriebene Todes-Brass-Doom von "After" ("On The Shores") würden Nummern wie "Stridig" jedenfalls noch heute aus den Pantoletten pfeffern. Andererseits: Gefälliges Grinsen und Rock'n'Roll-Spielfreude hört man Ihsahn hier in jeder Sekunde an – nicht zuletzt angesichts des totalen 'Maiden goes Saxofon'-Sakrilegs.
Vielleicht ein bisschen Mogelpackung, vielleicht ein bisschen Songwriting-Krise. In erster Linie jedoch ist "Telemark" eine durch und durch spaßige Angelegenheit – für den Künstler selbst und mit etwas gelockerter Erwartungshaltung sicherlich auch für Fans.
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