Porträt

laut.de-Biographie

Illustre

Nur wenige Monate, eine EP und ihr Debüt-Album "Ille" liegen zwischen erster medialer Aufmerksamkeit und ihrem Status als eine der wichtigsten queeren Stimmen im französischen Rap-Geschehen: Illustre hat wahrhaftig einen kometenhaften Aufstieg hingelegt.

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Dabei will Claire Toribio aus Clermont-Ferrand gar nicht unbedingt die Fahnenträgerin der LBGTQ-Bewegung sein: "Das ist eher eine Nische, die mir zugewiesen wurde", erklärt sie gegenüber musique.rfi.fr. Klar zu ihrer Geschlechtsidentität zu stehen, hält sie trotzdem für richtig: "Ich finde wichtig, das öffentlich zu machen, damit es irgendwann alltäglich wird."

Gewiss nicht zufällig wählt sie für ihr im September 2020 erscheinendes Debüt-Album den Titel "Ille": Es handelt sich dabei nämlich keineswegs nur um den Anfang ihres Künstlerinnennamens, sondern zudem um die Mischform der französischen Pronomen "il" und "elle". Die geschlechtsneutrale Wortschöpfung dient im Französischen zur Bezeichnung von Personen, die sich im Binärschema männlich-weiblich nicht repräsentiert fühlen.

Illustre thematisiert in ihren Texten immer wieder das Ringen mit diesem starren Schubladensystem und mit Erwartungen, den eigenen wie solchen von außen. Die Suche nach der eigenen (Geschlechts-)Identität und der Kampf um Deutungshoheit und Definitionsmacht durchziehen ihre Lyrics.

All dieser theoretische Hintergrund darf und soll aber nicht davon ablenken, dass man es in Illustre zum einen mit einer Poetin, zum anderen schlicht mit einer beeindruckend versierten Rapperin zu tun bekommt. Mit ihrer Kombination von Technik und Dringlichkeit mäht sie alles nieder, das dumm genug ist, sich ihr in den Weg zu stellen.

Erste Bühnenerfahrung sammelt Illustre bei Poetry Slams, doch bald schon führt sie ihre Liebe zu Worten zum Hip Hop. Auf Texte - ihre und die anderer - legt sie entsprechend stets den größten Wert. "Ich versuche nicht, Antworten zu geben, sondern ich will Leute dazu bringen, Fragen zu stellen", beschreibt sie ihre Mission. "Wenn sich daraus dann eine Debatte entwickelt, ist meine Arbeit getan."

2019 veröffentlicht Illustre die EP "Les Mains Bleues". Im Jahr darauf folgt das Debüt-Album "Ille", das sie als "Eckpfeiler des neuen Gebäudes" beschreibt, das sie zu errichten gedenkt.

Die ständigen Vergleiche mit Kollegin Diam's führt Illustre vor allem auf den Mangel an weiblichen Kolleginnen zurück: "Es ist schmeichelhaft", sagt sie zwar. "Sie hat mich definitiv beeinflusst. Aber ich erkenne eigentlich keine Parallelen zwischen ihrem und meinem Schaffen."

Gegenüber madamerap.com verleiht sie aber ihrer Freude Ausdruck, dass Frauen im Hip Hop zunehmend sichtbarer werden: "Das ist eine positive Dymanik", lobt sie, auch wenn der Weg hin zu echter Gleichberechtigung noch lang und steinig erscheint.

Illustre achtet darauf, sich inhaltlich wie technisch stets weiterzuentwickeln. "Ich lerne viel, indem ich zuhöre", erklärt sie, und betont auch die Wichtigkeit, sich und die eigene Arbeit ständig zu hinterfragen und zu korrigieren. "Wer einen Text veröffentlicht, übernimmt Verantwortung für das Gesagte", so Illustre. "Man ist aber nicht unbedingt verantwortlich dafür, was andere verstehen. Es ist ein schmaler Grat."

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