laut.de-Kritik
Das träumerische Album erinnert an Simon & Garfunkel.
Review von Giuliano BenassiNicht nur der Bart verleitet zu einer verlockenden Assoziierung. Liest man über den Entstehungsort dieses Albums (Wohnzimmer), die Instrumentierung (hauptsächlich Gitarre und Banjo) und Titel wie "Teeth In the Grass", "Free Until They Cut Me Down" oder "Sodom, Georgia", ergibt sich die Frage: Handelt es sich etwa um einen neuen, merkwürdigen Künstlernamen Will Oldhams?
Die Antwort lautet: nein. Hinter Iron & Wine verbirgt sich ein Sam Beam, der an der Florida State University Film unterrichtet. Gemeinsam haben Oldham und Beam allerdings nicht nur die aufs Wesentlichste reduzierte Herangehensweise, sondern auch einen eigenen Blickwinkel auf die Welt, die sie ihn ihren Stücken behandeln. Obwohl Beam im ewigen Touristensommer Miamis lebt, hören sich seine Lieder alles andere als urban an. Eher scheinen sie aus der Küche eines Bauernhofs im Midwest zu stammen.
Zwar schleichen sich immer wieder für Wohnzimmer ungewöhnliche Arrangements ein, jedoch bestimmen Beams akustische Gitarre und seine warme, melancholische Stimme weitgehend das Geschehen. Kommen im Opener "On Your Wings" Pizzicato-Töne zum Einsatz, bietet "Naked As We Came" eine traditionell gezupfte Gitarre. Das Album gleitet von Beginn an vor sich hin; einprägsame Melodien sind eher die Ausnahme, aber die häusliche Atmosphäre lässt sie nicht vermissen. Vor allem, wenn Sara Beam ihren Bruder mit ihrer klaren hohen Stimme begleitet.
Das zarte "Sunset Soon Forgotten" liefert den ersten Höhepunkt eines Albums ohne Tiefen. "Each Coming Night" erinnert sowohl in der Begleitung als im Gesang an Simon & Garfunkel, wobei Beam beide Stimmen übernimmt. Bei "Free Until They Cut Me Down" kommt dagegen Johnny Cashs Version von "Personal Jesus" in den Sinn. Ganz ruhig geht es zum Schluss in "Fever Dream", "Sodom, Georgia" und "Passing Afternoon" zu.
Trotz einer gewissen Ähnlichkeit was Aussehen und Musikverständnis betrifft, fehlt Beam die Gebrochenheit und der Zynismus, die Oldhams Werk charakterisieren. Auch wenn er kaum als revolutionär gelten kann, ist ihm mit "Our Endless Numbered Days" aber ein schönes, träumerisches Album gelungen.
1 Kommentar
Zitat (« Trotz einer gewissen Ähnlichkeit was Aussehen und Musikverständnis betrifft, fehlt Beam die Gebrochenheit und der Zynismus, die Oldhams Werk charakterisieren. »):
Und genau das macht ihn für mich zugänglicher als den alten Will.
Sehr schönes, entspanntes Album. Freunde gepflegter akustischer Gitarrenmusik sollten mal ein Ohr riskieren.