laut.de-Kritik
Einstündiges Fest der Belanglosigkeit und des Kitsches.
Review von Johannes JimenoDer Herbst ist da! Die Blätter verfärben sich, es liegt Laub auf den Straßen, das Wetter wird zunehmend kühler und man denkt vielleicht schon über das bis dahin verbrachte Jahr zurück. Was würde da besser passen als ein neuen Album von James Arthur, dem Romantiker mit der leicht rauen Stimme, oder nicht? Nun, man muss schon Fan sein, um sich das einstündige Pop-Gejammer von "You" am Stück anzuhören.
Denn Fans hat er definitiv genug, wie ausverkaufte Tourneen und astronomische Streaming-Zahlen auf Spotify beweisen. Wer dermaßen im Rampenlicht steht und erfolgreich ist, geht nicht gerne aus seiner Komfortzone heraus, sondern bespielt die Massen im gewohnten Fahrwasser. "You" ist das Zeugnis dessen, wie er auf sage und schreibe 17 Songs seinem weinerlichen Stil treu bleibt und nur in marginalen Nuancen etwas Frisches probiert.
Zum Beispiel versucht er sich im Titeltrack oder in "Treehouse" am Sprechgesang. Das steht ihm leider gar nicht: Er wirkt hölzern, uninspiriert und monoton. Das bekommt selbst Genre-König Ed Sheeran besser hin, obgleich er sich dabei anhört wie ein zehnjähriger Internatsschüler, der mal zu den coolen Kids gehören will.
Musikalisch probiert er einige Spielereien aus. In "If We Can Get Through This We Can Get Through Anything" stehen eine stark verzerrte, rückwärts geloopte Gitarre, eine verruchte Bridge und an sich gelungene Strophen zu Buche. Leider wird das durch einen langweiligen Refrain konterkariert, bei dem auch die dramatischen Violinen deplatziert sind.
Textlich arbeitet sich der Brite an den immer gleichen Themen ab: Romantik, toxische Beziehungen, Liebesdramen, Hoffnung, Sehnsucht. Über das, worüber man halt so singt als sensibler Singer/Songwriter. Dabei bleibt er lyrisch auf einfachstem Niveau, keine Spur von wortgewandten Metaphern oder Anspielungen. Dazu noch die seichte und beinahe unerträgliche langsame Inszenierung: ein hartes Stück Brot. Hätte er mal Leidensgenosse Lewis Capaldi um Rat gefragt, der hat all dies auf seinem Debüt raffinierter hinbekommen.
Arthur hat sich trotzdem ein paar Gäste ins Studio geholt, bei denen man sich fragt, wieso sie überhaupt aufgelistet sind. Blink 182-Drummer Travis Barker hört man in keinster Weise in "You" und der Frontmann der Rock-Band Taking Back Sunday, Adam Lazzara, darf ganze vier Zeilen zusammen mit Arthur in "Unconditionally" singen.
Dazu gesellen sich noch zwei Rapper im fluffigen "Treehouse" und verrichten ebenfalls nur Kurzarbeit. Der britische Shootingstar Shotty Horroh klingt wie ein angeleinter Lil Wayne, US-Star Ty Dolla $ign hingegen sorgt für eine willkommene Abwechslung mit seinen amüsanten Lyrics: "Matchin' Rollies, now we both got perfect timin' / ... / Hit the Louis store, pray they got both our sizes / Yeah, yeah, yeah, yeah ."
Wer sich durch diesen Wust kämpft, findet doch ein paar Lichtblicke. "Quite Miss Home" ist eine berührende Piano-Ballade mit wohligen Streichern über das Vermissen seiner Partnerin, inklusive lieb gemeinter Sticheleien. Mit "Breathe" kommt der mit Abstand beste Song um die Ecke und bringt mit seinem südländischen Flair und etwas flotteren Rhythmen etwas Pep ins Spiel. Da hat er wohl Richtung Shawn Mendes und Charlie Puth geschielt.
James Arthur verfügt über eine schöne Stimme, und zusammen mit seiner teils nuschelnd-leiernden Aussprache über ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Doch auf "You" verpufft das in einer nicht enden wollenden Belanglosigkeit, die in "Maybe" ihren kitschigen Höhepunkt findet: eine nach Schema-F vorgetragene Power-Ballade, bei der sich alle 15-jährigen Mädchen bei Regenwetter diesen einen sympathischen und romantischen Träumer als Freund wünschen. Eine Blaupause für jede Rom-Com.
3 Kommentare mit 2 Antworten
1/5
Wofür 1/5?
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Wieso muss man James immer wieder mit Ed Sheeran oder Lewis Capaldi vergleichen? Wir wissen, dass alle von denen nicht die „Looks“, aber Stimmen haben! Jeder Künstler ist einzigartig und ganz besonders in seiner Art. Wenn man James nicht leiden kann, hilft es nichts ihn mit Beleidigungen fertig zu machen. Nicht mal die Kritik ist nachvollziehbar oder konstruktiv, das ist ja wie im Kindergarten...traurig.
Was ist das denn für eine passiv aggressive und sinnlose Kritik? Da hat man nicht richtig zugehört oder kein Interesse an James Arthur..