laut.de-Biographie
Japanische Kampfhörspiele
Radikale Sozialkritik samt Konsumverachtung, satirisch-humoreske Texte bis hin zur Absurdität eines Helge Schneider und alles verpackt in derbst grindgrowligen Extreme Metal! So was kann es nicht geben? Weit gefehlt! Japanische Kampfhörspiele verbinden diese totalen Gegensätze in ihrem ganz eigenen, sehr stimmigen musikalischen Konzept.
Damit stehen sie stilistisch zwischen allen Stühlen. Doch man merkt es kaum. Wie selbstverständlich greifen die einzelnen Puzzleteilchen ineinander, um das farbenfrohe Metalbild trotz allen Krachs harmonisch rund zu gestalten. Jedoch ist nichts an dieser Combo gewöhnlich oder konventionell. Schon gar nicht ihr etwas absurder Bandname. Anno 1996 schrieb ein Freund von Schlagzeuger, Textautor und Bandmitbegründer Christof Kather in einem Brief an selbigen, dass japanische Kassettenrekorderhersteller ihre Geräte so manipulieren würden, dass sie "seine "Drei Fragezeichen"-Kassetten fressen, um so im Gegenzug ihre 'Japanischen Kampfhörspiele' ungestört in den Markt pressen zu können."
Nach der Geburt von JaKa (so nennen sie und die Fans sich selbst gern) dauert es einige Zeit, bis sie ihre Fahrrinne so richtig gefunden haben. Doch bereits ihre erste LP "Die Großstadt Stinkt, Ist Laut Und Septisch" transportiert alle Merkmale, die den Krefeldern seitdem in die metallische Fratze geritzt ist. Eine Besonderheit bietet dabei ihre betont rhythmisch angelegte Musik. Vieles klingt anders als bei den typischen Genrekollegen, da sie einen Großteil der Songs zunächst skizzenhaft über das Schlagzeug entwickeln, bevor Gitarren und Co. dazu stoßen.
Die Vocals übernehmen meist zwei Sänger - Markus Hoff und Martin Freund - die sich im Duett gegenseitig anschreien. Meist gibt einer das growlende Tier und der andere mutiert seine Stimme zu einer überschnappenden, nahezu hysterischen Keife. So mischen sie tradierte Metalbausteine mit grotesk überzogenen Elementen. Ebenso pendeln die Lyrics selbst zwischen scharfsinniger Systemanalyse und Nonsens. Alles gern serviert in collagenhaften Slogans.
Die ebenso krude wie faszinierende Mixtur führt zu einem konstant irritierenden Nebeneffekt: Immer, wenn der Hörer fast schon bereit ist, die verrückten NRWler als Clowns ab zu tun, kommt ein brachialer Hammer mit interessanter Musik und die Gesellschaft demaskierenden Zeilen. Jedes mal, wenn man bereit ist, sie als total politische Band einzustufen, gibt es die textliche oder gesangliche Klamaukkeule. Dieses Wechselbad geht dabei deutlich besser ins Ohr als man - der Beschreibung auf dem Papier nach - denken könnte.
Trotz wachsender Bekanntheit und Auftritten im Ausland trennen sich JaKa Ende 2010 vorerst. Sogar die Ankündigung hierzu gerät gewohnt zweischneidig. "Die Luft ist nach 13 Jahren endgültig raus! Wir hinterlassen der Nachwelt ja ca. 220 Songs, das letzte Album kommt am 28.01. und am Tag danach begehen wir meinen Geburtstag mit der allerletzten Show. Das passt doch alles wunderbar so! Eigentlich wollten wir per SMS Schluss machen, wir haben aber eure Nummern nicht.", verkündet Markus Hoff.
Zu Weihnachten 2013 verkünden die sechs Japanischen Kampfhörspieler ihre Rückkehr. Im Mai des folgenden Jahres erscheint das neue Studioalbum "Welt Ohne Werbung". In Artwork wie Inhalt machen sie auch mit dem anschließenden "The Golden Anthropocene" (2016) genau dort weiter, wo sie zuletzt aufgehört hatten.
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