laut.de-Kritik

Alles ist gut, du bist nicht alleine!

Review von

In seinen bemerkenswerten Liner Notes setzt sich Schriftsteller George Saunders mit dem Werk des Wilco-Chefs auseinander. "Die Rolle eines Künstlers besteht darin, über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg zu trösten. Sein Angebot soll keine Lösung oder Rezept sein, sondern ein eher nicht trivialer Trost". Natürlich fallen einem spontan noch andere Künstler ein, die so etwas vermögen, etwa Leonard Cohen. Doch für Saunders besteht die Essenz von Tweedys Musik darin, eine Botschaft zu vermitteln: "Alles ist gut, du bist nicht alleine. Ich singe zu dir, aber ich höre dir auch zu".

Was soll, was kann "nicht trivialer Trost" sein? Die Antwort liefert das zweite Album Tweedys unter eigenem Namen. Nachdem er auf "Together At Last" (2017) altes Material in minimalistischer Begleitung aufbot, enthält "Warm" neue Stücke, die er mit langjährigen Wegbegleitern eingespielt hat: Wilco-Schlagzeuger Glenn Kotche, Produzent Tom Schick sowie Sohn Spencer, ebenfalls Schlagzeug.

Das wichtigste Instrument ist allerdings Tweedys treue Gitarre von Martin, ein Vintage-Instrument aus den 1930er Jahren. Die Begleitung klingt teilweise, als hätten sich Lambchop in Wilcos Studio in Chicago verirrt, doch hat Tweedys hohe, manchmal brüchige Stimme natürlich einen anderen Charakter als Kurt Wagners Brummeln. Wenn er eine Zeile wie "I know what it's like to / Not feel loved" singt, glaubt man ihm sofort.

Fast zeitgleich mit diesem Album ist Tweedys Autobiographie "Let's Go (So We Can Get Back): A Memoir of Recording and Discording With Wilco, Etc.", erschienen. Zeit für Bilanzen, also. Eine bemerkenswerte Zeile im Opener "Bombs Above" bietet eine gute Zusammenfassung von Tweedys Schaffen: "I left behind a trail of songs / From the darkest gloom to the warmest sun".

Trackliste

  1. 1. Bombs
  2. 2. Some Birds
  3. 3. Don't Forget
  4. 4. How Hard It Is For A Desert To Die
  5. 5. Let's Go Rain
  6. 6. From Far Away
  7. 7. I Know What It's Like
  8. 8. Having Been Is No Way To Be
  9. 9. The Red Brick
  10. 10. Warm
  11. 11. How Will I Find You?

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Wilco gehören wie Radiohead oder Giant Sand zu jenen beneidenswerten Bands, deren Werke schon vor ihrer Veröffentlichung zu Meisterwerken erkoren werden.

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