laut.de-Kritik

"He had a ramblin' mind ..."

Review von

"... Life Is Full Of Many Roads / You Need To Choose Which Way To Go / You Come And Come to Ride That Road / And In The Hands Of God For Your Soul / In The Hands Of God / There Once Was A Man Who Spoke No Fear / He Searched For Truth To Bring 'Em Near / And Off He Went To ride Taht Road/ He Had A Ramblin' Soul / He Had A Ramblin' Mind ... He Had a Ramblin' Mind".

Jeffrey Lee Pierce, Sänger, Gitarrist und Songwriter der legendären Bluespunkband Gun Club verstarb am 31. März 1996 im Alter von 37 Jahren an einem Gehirnschlag. Alkohol, Drogen, Weltschmerz und eine allgemeine Verleugnung der eigenen Sterblichkeit hatten dem Mann zugesetzt. He Had a Ramblin' Mind. Und er war ein echter Künstler. Sein Leben und seine Musik, das war eins. Keine Kompromisse.

Eigentlich kennt heute, im Gegensatz zu anderen stilprägenden "Kultbands" wie Joy Division oder Iggy And The Stooges, niemand unter 40 auch nur einen einzigen Song von Gun Club. Das könnte sich nun zumindest ein wenig ändern. Denn mit dem Jeffrey Lee Pierce Sessions Project hat sich rund um Vorzeigerambler Nick Cave ein illustres Grüppchen alternder Alternativehelden zusammengerauft, um dem Meister ein spätes Denkmal zu setzen.

Mit von der Partie sind unter anderem die ehemaligen Pierce-Mitstreiter Mick Harvey, Kid Congo Powers (die beiden waren später auch bei den Bad Seeds von Nick Cave aktiv), Mark Lanegan (u.a. QOTSA), sowie die göttliche Debbie Harry. Pierce selbst war einst Vorsitzender des Blondie Fanclubs Los Angeles gewesen. Mit den Raveonettes und Crippled Black Phoenix sind noch zwei Vetreter der jüngeren Rockfraktion dabei.

Allen Stücken ist anzuhören, dass sich die am Projekt Beteiligten mit großem Elan und viel Respekt JLP und seinem Werk nähern. Im Ergebnis entsteht so ein großartiges Album, das sowohl den eingefleischten Gun Club-Veteranen, als auch den unbedarften Jeffrey Lee-Frischling in seinen Bann zieht. Uramerikanische Roadsongs mit süßem Schmerz und großer Tiefe werden da zum Besten gegeben. Zeitlose Musik, die zu Gun Club Zeiten relevant war, es heute ist und auch noch in 20 Jahren sein wird.

Mit zu den Höhepunkten der Platte gehören sicherlich die Ramblin' Mind Interpretationen von Nick Cave und David Eugene Edwards (16 Horsepower), die Stücke mit Whiskyvoice Mark Lanegan, das epische "Just A Mexican Love" sowie das geradezu erschütternd schöne Lucky Jim von Deborah "Blondie" Harry. Der pure Wahnsinn. Lediglich die von Lydia Lunch allzu sehr auf "I'm Such A Bad Bad Girl" gegurrten Tracks nerven ein wenig.

Interessant ist auch die Entstehungsgeschichte der Platte, denn bis vor kurzem gab es die Songs "Ramblin' Mind", "Constant Waiting" sowie "Free To Walk" gar nicht. Beziehungsweise lediglich auf einer schrottigen Musikcasette, die auf einem ranzigen Dachboden irgendwo in London vor sich hinschimmelte. Bis bis sich der wackere ehemalige JLP-Kumpan Cypress Grove aufrafft, da oben endlich mal Ordnung zu schaffen - und siehe da, da sind doch tatsächlich noch Fragmente gemeinsamer Jamsessions mit JLP zu hören.

Der Rest in nun klingende Geschichte. Get A Ticket. Take The Ride. Es lohnt sich.

Trackliste

  1. 1. Ramblin' Mind - Nick Cave
  2. 2. Constant Waiting - Mark Lanegan
  3. 3. Free To Walk - The Raveonettes
  4. 4. Lucky - Debbie Harry
  5. 5. My Cadillac - Lydia Lunch
  6. 6. Ramblin' Mind - David Eugene Edwards
  7. 7. Constant Waiting - The Sadies
  8. 8. Free To Walk - Mark Lanegan & Isobel Campbell
  9. 9. St. Marks Place - Lydia Lunch
  10. 10. Bells On the River - Crippled Black Phoenix
  11. 11. Ramblin' Mind - Cypress Grove
  12. 12. Constant Waiting - Johnny Dowd
  13. 13. Free To Walk - Nick Cave & Debbie Harry
  14. 14. The Snow Country - Mick Harvey
  15. 15. Just Like A Mexican Love - David Eugene Edwards & Crippled Black Phoenix
  16. 16. Walkin' Down The Street (Doin' My Thing) - Lydia Lunch & Dave Alvin

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Jeffrey Lee Pierce

Wie Townes Van Zandt oder Vic Chesnutt gehört Jamie Lee Pierce zu jenen talentierten und introvertierten, von Sucht und Depression gemarterten Musikern, …

Noch keine Kommentare