laut.de-Kritik
Lachen oder weinen, das ist hier die Frage.
Review von Linda BurgerMit der Elektropop-Band Clean Bandit landete die britische Popsängerin Jess Glynne gleich zwei Hits, die sie auf Platz 1 der UK-Charts katapultierten. Während der rote Lockenkopf für "Rather Be" und "Real Love" noch ihre Stimme verlieh, legt sie nun mit ihrem Debutalbum "I Cry When I Laugh" in Eigenregie nach.
Mit "I Cry When I Laugh" präsentiert uns die 25-jährige Britin den zweiten Akt einer jeden Trennungsphase, sozusagen das Licht am Ende des Herzschmerz-Tunnels. Der Punkt, an dem Trauer endgültig Optimismus weicht und sich der Blick nach vorne richtet. Frei nach dem Motto "Hallo Welt, hier bin ich!" feiert die 25-jährige Britin ganz im Stil von Beyonces "Single Ladies" dieses zurück gewonnene Lebensgefühl. Doch fangen wir einmal ganz von vorne an.
Den Einstand gibt "You Gave Me Something", eine heitere Up-Tempo-Nummer, die durchaus zum Mitsingen animiert und eine unverkennbare Hommage an die Liebe ist. "I found my one true love, in me you found it too [...] You gave me something that I didn't have before". Ach ja, Liebe kann so schön sein.
Noch mehr Tempo, noch mehr Kopfstimme in einem Refrain, der sich in meinen Kopf einbrannte und noch lange nachhallt - das ist "Hold My Hand", die vorab veröffentlichte Singleauskopplung, die sich ähnlich dem Refrain in meinem Kopf eisern über mehrere Wochen an der Spitze der britischen Charts hielt. Und auch "„Real Love" und "Rather Be" geben sich nicht weniger poppig, wenn auch hier der elektronische Einfluss und die prägnanten Beats von Clean Bandit deutlich hörbar sind.
Doch was wäre ein Album, das eine verflossene Liebe besingt, ohne klassische Herzschmerz-Ballade? Die Antwort darauf liefern "Take Me Home" und "Saddest Vanilla". Insgesamt 8 ½ schwermütige Minuten, geprägt von Melancholie und für meinen Geschmack zu vielen Oktavenschlenkern, die sich in Jess Glyness kratziger Kopfstimme ergießen.
"I Cry When I Laugh" bringt mich weder zum Lachen oder Weinen. Auch 14 Tracks später bin ich relativ emotionslos, ja nahezu ungerührt. Für mich eine von vielen herkömmlichen Pop-Platten ohne Ecken und Kanten, bei der die einzelnen Tracks beliebig austauschbar sind – Marke tanzbarer Upbeat-Pop des 21. Jahrhunderts. Solltet ihr dennoch jemals in die Verlegenheit kommen und euch völlig überraschend inmitten der Tanzfläche grölend und überschwänglich tanzend zu Jess Glynne erwischen – Glückwunsch, das ist die Magie von eingängiger Popmusik und einem Bier zuviel.
Von Linda Burger
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