laut.de-Kritik
Soul-Folk für kalte Tage und warme Feel-Good-Retro-Bars.
Review von Kerstin KratochwillDie Retro-Welle erfasst viele Bereiche in der Musik, ob Synthies nach den Achtzigern klingen oder der Soul nach den Sixties: Oft lässt der Rückgriff auf Altbekanntes neue Musik sogar frischer klingen. Auch der Londoner Jonathan Jeremiah bedient sich dieses Vintage-Prinzips und steigt in sein Album "Good Day" mit vielen "La La Las" und viel Gepfeife ein. Man hört Anklänge an die Beatles, Cat Stevens oder Scott Walker.
Musikalisch bewegt sich Jeremiah auf seinem vierten Werk zwischen Soul, Folk und Blues, für die Aufnahmen besuchte er stilsicher die Studios des Kinks-Frontmans Ray Davies, der seinen Kunden analoges Equipment anbietet. Die Aura der Songs erhält so noch eine zusätzliche nostalgische Note. Ein Album mit pompöser Patina, wie ein Soundtrack von Burt Bacharach oder John Barry, beschwört geradezu das Gefühl, dass früher alles eleganter oder zumindest entspannter war.
Das Konzept des Albums mit dem treffenden Namen "Good Day" eignet sich denn auch perfekt für jede Feel-Good-Retro-Bar, denn gehuldigt wird den guten Momenten im Alltag. Jeremiah übersetzte laut eigenen Angaben seine glücklichsten Augenblicke der letzten drei Jahre in Songs. Der Dauer-Optimist reicht mit warmer Stimme und üppigen Streicherarrangements einen Trostspender nach dem anderen wie wärmenden Tee oder Cappuccino.
Aber es hilft ja nichts, irgendwann muss man wieder hinaus auf die Straße voller mürrischer Menschen und matschiger Pfützen. Vielleicht hätte man dann gerne doch noch ein paar solcher Jeremiah-Songs als Schutz im Ohr, aber die ziemlich seichten Lyrics bleiben nicht haften. Nur seine soulige Stimme verbreitet tatsächlich Warmherzigkeit, wodurch "Good Day" zwar kein herausragendes Album, aber doch ein gutes geworden ist.
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