laut.de-Kritik
Ein Cocktail mit zu viel Eis.
Review von Markus KilianÜber vier Jahre liegt Justin Timberlakes letzte Platte "The 20/20 Experience - 2 of 2" zurück. Entsprechend groß ist der Run auf die Neuschöpfung "Man Of The Woods", die trotz - oder gerade wegen - tatkräftiger Unterstützung von Timbaland und Pharrell Williams an den Reglern manches zu bieten hat und doch zugleich so einiges vermissen lässt.
Wie schon auf vorherigen Alben erfindet sich der ehemalige Mickey Mouse Club-Star auch auf seiner aktuellen Scheibe in gewissem Rahmen neu - Timberlake sieht sich gern als musikalisches Chamäleon. Allerdings hätte das Kolorit auf der ausgedehnten Spielfläche ruhig noch eine Spur harmonischer und die Farben zuweilen knalliger ausfallen dürfen.
So fügen sich die verschiedenen Elemente im Cocktail aus Country, Soul, Funk, Reggae, Gospel und R'n'B nicht immer passgenau, sondern zuweilen sperrig in die meist elektronischen Beatstrukturen. Die Essenz bilden dabei die wie immer leicht erhöhten Vocals Timberlakes; im Ganzen verbleibt der Cool Drink auf seinen letzten Zügen jedoch wässrig von zu viel Eis.
Das futuristische "Filthy" öffnet selbstbewusst den Vorhang für eine demontrativ elektronische Klangkulisse, wovor der Grammy-Preisträger in gewohnt routinierter und unaufgeregter Manier zwischen den vokalen Erscheinungen Singen, Sprechen und Rufen pendelt. Doch schon das mehrschichtige "Midnight Summer Jam" im Anschluss legt eine umfangreiche Instrumentalpalette offen, auf der nicht nur Bläser und Mundharmonika auf über fünf Minuten ausgelassen feiern wollen.
Während "Higher Higher" mit leicht dissonantem Orgelsample noch verschwommen an "Senorita"-Zeiten erinnert, erweist sich "Wave" als rasche Flamenco-Nummer mit aufgeregten Bassläufen. Im Duett mit Alicia Keys dagegen tendiert Timberlake bei "Morning Light" über das verspielte Gitarrenlick schon in Richtung souligen Kuschelrock: "All I wanna do / is to hold you tight / just one more night". In Country-Gefilde führt wiederum "Say Something" als Kollabo mit dem US-amerikanischen Genre-Star Chris Stapleton, das im entspannten Four-Chord-Loop Lagerfeuer-Ambiente zum gemütlichen Mitsingen generiert.
Nicht immer ohne Stolpern geht es zur Sache im kontrollierten Genre-Rundumschlag. Zwar unterhalten die Ode an die "Sauce" über dröhnendem Gitarrengerüst mit Rockorgel oder die "Flannel"-Hymne über das gleichnamige Textil in sorgenfreier Gospel-Atmosphäre, doch erweisen sich die Klangereignisse musikalisch und lyrisch als überwiegend flach. Der vermeintliche Tiefgang entlädt sich dann unvermittelt im Abschlusstrack "Young Man", worin Timberlake nach Einspielern von Frau und Kind diesem pathetisch Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt. Hinterlässt irgendwie einen recht aufgedrängten Nachgeschmack.
Auch die ausgedehnte Laufzeit von über einer Stunde tut dem Album nicht besonders gut. Im reichen Angebot von 16 frischen Werken halten sich die einzelnen Songs kaum durch neue Ideen und Experimente wirklich über Wasser. Insgesamt besteht jedoch nie wirklich Gefahr, denn die Songs spielen sich doch größtenteils nur in recht seichtem Gewässer ab.
Insbesondere gegen Ende geht der umfangreichen Platte zunehmend die Luft aus - alles scheint erzählt, alle musikalischen Einfälle abgebildet. So wirken die letzten Tracks doch mehr wie eine ausgedehnte Coda mit repetitiven Charakter. Da kann sich selbst ein Timberlake nicht mehr vor Phrasen wie "Saint or a sinner / the loser can be a winner" ("Livin' Off The Land") retten.
7 Kommentare
boah, was ein schmodder. zusammengewürfelte hellbraune masse. keine spur von Future JT.
Ziemlich langweiliges Album... Einmal durchgehört, aber nichts, was wo man wirklich auf den Replay Button drücken möchte.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
.... Außer filthy... Das ist wirklich sehr geil. @grizzly
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Bis auf Say Something perfekt zum Vergessen.