laut.de-Kritik
Campino und Frei.Wild beim Sonntagskaffee.
Review von Manuel Berger"ACHTUNG LEBENSBEJAHENDE BEATMUSIK" schreiben Kärbholz auf ihren sechsten Longplayer. Das kann man so stehen lassen. Wem die Toten Hosen heute zu soft sind, der greift zu "Karma". Mit etwas mehr Metall im Punk machen die NRWler Campino Konkurrenz ("Lass Mich Fliegen").
Der 3-Akkorde-Deutsch-Rock'n'Roll des Quartetts sorgt zwar für gute Laune, ist aber erwartungsgemäß kein Innovationsfeuerwerk. Ein paar Trompeten, Akkordeons und Reggaeparts machen aber noch lange keine Strawinskis aus den Hemdsärmeljungs. Erwartet ja auch niemand. Doch außer am Ende der Platte, wenn "Ich Will Dich (Nie Wieder Sehen)" es endlich schafft, Bläser ohne vorangehende Songunterbrechung zu integrieren, hätte man sich solcherlei Sperenzchen getrost sparen können.
Schlechter wären die Tracks dadurch nicht geworden. Dafür stellenweise etwas stringenter. Überhaupt wird "Karma" erst in der zweiten Hälfte interessant. Denn abgesehen von der guten Heavy-Ballade "Nichts Von Dem" passiert vor dem netten, aber eigentlich überflüssigen Instrumental "(KxH)" nicht viel. Die Lieder gehen zwar wie versprochen ganz gut nach vorne, spätestens beim vierten Track fangen allerdings die ewigen Palm Mute-Riffs dezent zu nerven an.
Je weiter die Spielzeit fortschreitet, desto mehr verhärten sich Parallelen zur allseits beliebten Deutschrock-Combo Frei.Wild. Nur dass es kein Missverständnis gibt: "Kein Rock'n'Roll" ("Braune Scheiße, verpackt in zweideutigen Liedern / Am Ende wird man das ja wohl noch sagen dürfen / Dass wir dieses Land so unendlich lieben") widmen Kärbholz keineswegs ihren on-off-F.E.K.9-Kumpels – obwohl sich's so anhört. Stilistisch schlagen Ruhrpottler und Südtiroler jedenfalls in genau dieselbe Kerbe.
Zwar kommen die Texte eine ganze Schippe unpathetischer und angenehm moralapostelabstinent rüber, ein wenig nichtssagend allerdings auch. Und spätestens wenn die recht harmlose Früher-Heute-Älterwerden-Machmichnichtan-Hymne "Tiefflieger" den Refrain von "Gutmenschen Und Moralapostel" übernimmt, können sich Kärbholz einem Direktvergleich mit Burger und Co. nicht mehr entziehen. Und den verlieren sie nun mal recht eindeutig. "Rebellion gegen Eltern und Lehrer"? Ja, so in die Richtung geht das.
Doch das hat auch etwas Gutes: Genau wie der Zuhörer scheinen Kärbholz sich jetzt mit dieser Rolle abgefunden zu haben und gehen als Frei.Holz plötzlich darin auf. Mit "Abschied" gibt's eine schöne Klavierballade, "Steh Auf" bietet nette Arschtritt-Aufmunterung und das Schlussdoppel "Seite An Seite" / "Lauter!" macht wieder wett, was die langweilige Single "Wenn Musik Da Ist" an Spritzigkeit vermissen lässt.
Bleibt am Schluss: gute Deutschrock-Unterhaltung, die zwar auf ausgetretenen Pfaden wandelt, nichtsdestotrotz Spaß macht. Es gibt sicherlich besseres, abwechslungsreicheres, bissigeres – dazwischen erfüllt aber auch ein solides Handwerksstück wie "Karma" seinen Zweck. Und sei's nur als Hintergrunduntermalung zum Sonntagskaffee.
3 Kommentare
Norditaliener.
Südtiroler = Norditaliener ....
Was für langweilige Musik.
Langweilige Mucke. Deutschrock an sich irgendwie.