laut.de-Kritik
Eine Flasche russischer Wodka statt dicke Hosen.
Review von Philipp GässleinKamp hat sich lange, sehr lange Zeit für sein Debütalbum gelassen. Vom Fame der gefeierten EP "D.K.d.t.B." ist sieben Jahre später nichts mehr übrig. Die Fanschaft hat sich - in der Zwischenzeit lediglich mit zwei Mixtapes gefüttert - auf einen beschaubaren Kern heruntergehungert. Schwer zu sagen, ob Rapfans in Deutschland heute überhaupt noch aufhorchen, wenn einer der unterschätztesten Wortartisten Österreichs sein Storytelling auf Platte presst.
Die Gründe für Kamps Phlegma sind so mannigfach wie das Sortiment eines gutsortierten Schnapsladens. Wenn er den Schweinehund dann doch mal besiegt, betitelt er sein erstes (und letztes) Album auch noch "Versager Ohne Zukunft" und vergrätzt damit vermutlich die Hälfte der potenziellen Hörerschaft schon präventiv. Der Titel alleine suggeriert, lediglich der versuchte Spagat zwischen Fatalismus und Selbstmitleid riss dem 26-Jährigen den Arsch auf.
Tatsächlich aber beweist Kamp auf dem Album seine eigene Reife. "Psycho, verkifft, alkoholkrank" ist er, ohne aber die Schuld dafür lediglich auf Faktoren wie Frauen oder den Staat zu schieben. Vielmehr arbeitet er seine Liebschaften ("Malinkaya"), Kindheit ("Als Wär Es Gestern") und Gegenwart ("Fort Von Mir") aus einer beeindruckend objektiven, beinahe schon entrückten Perspektive auf. Gallas Wordcut bringt das fehlende Selbstmitleid auf den Punkt: "Ich bereue gar nichts!"
Es ist wenig übrig geblieben vom "Hossa"-brüllenden Kindskopf. "Gib mir ne Chance, und ich verbaue sie wie Tetrisspieler / und genau deswegen nehm ich heute Antidepressiva." Aber wenn ein letztendlich erwachsener MC derart ehrlich über die Trümmer berichtet, die andere seine Vergangenheit nennen, berührt das mindestens ebenso. Und trotz des CD-Titels bleibt ein Rest Optimismus: "Der Sturm ist vorbei, ich bin leicht durch den Wind."
Das Wort kongenial trifft einmal mehr auf das Handwerk seines beatbastelnden Kollegen Whizz Vienna zu. Samples passend zum Thema in Moll zu picken, ist dem Mann viel zu simpel, und nicht zuletzt dadurch bewahrt er "Versager Ohne Zukunft" vor erdrückender Tristesse. Stattdessen wildert er in diversen Auswüchsen des Souls und addiert jedem Track eine vielschichtige Note hinzu. Gewaltiger als die großartige Writer-Hymne "Grafikki" haben auch Shuko oder die Snowgoons noch nie produziert. Whizz Vienna: Rock Rock On!
Sicherlich ist Kamps proklamiertes Vermächtnis mit seiner leicht beengten Thematik nicht jedermanns Sache. Der häufige Bezug auf österreichisches Tagesgeschehen erschwert das Verständnis für einige seiner Vergleiche, dafür nimmt Kamp mangels Mundart die Sprachbarriere mit Leichtigkeit.
Und es fehlt der Glamour: Die dicken Hosen hat der Wiener längst gegen eine Flasche russischen Wodka eingetauscht. Rapfans jenseits der 20 Jahre sei der seit Jahren beste Export unseres südlichen Nachbarstaates auf jeden Fall ans Herz gelegt.
15 Kommentare
wann kommt denn das raus?
es (http://www.whizzvienna.com/typo3/) ist schon draußen seit gut einer woche.
thematisch wird hier an jaw, fav., hank, evtl. prezident und konsorten angeknüpft?
auch wenn in der review nen paar sehr geile lines aufgezählt werden, sich als vermeintlich genialen soziopathen darzustellen nervt nur noch.
das beste album des letzten jahres, ohne frage. läuft immer noch rauf und runter bei mir:)
Also lyrisch das das Album aller erste Sahne, und die "beengte Thematik" stört laut.de z.b bei Kollegah ja auch nicht. Für mich der beste Ösi-Rapper (vlt. hinter Falco ) und 5/5!
Ich hab eicht lang gebraucht dafür die Platte gut zu finden. KP warum. Ist eigendlich genau die Art von Rap, den ich sonst so Pump. Naja besser spät als nie