laut.de-Kritik
Live bekommen die Songs eine neue Wucht.
Review von Simon ConradsKlar, so langsam kommen die Konzerte zurück, sogar ein paar Festivals durften dieses Jahr stattfinden - trotzdem ist noch nicht wieder alles beim Alten. Kurz bevor die Welt im Frühjahr 2020 runtergefahren wurde, veröffentlichte King Krule sein drittes Album "Man Alive!" und spielte gerade noch so eine kleine Europa-Tour. Auf dreien dieser Gigs fußt das vorliegende Livealbum "You Heat Me Up, You Cool Me Down". 17 Songs und knapp 70 Minuten lang transportieren Archy Marshall und Band zurück in die präpandemische Zeit, als Konzerte noch vor vollen Häusern gespielt und die Musiker*innen stärker vom Applaus ihres Publikums angetrieben wurden.
Jedenfalls erwecken die wilden Passagen der Songs den Eindruck, als wäre das Getöse des Publikums nicht ganz unbeteiligt an der rohen Energie, die King Krule hier freisetzt. Es gibt aber, passend zum Titel, beides: Songs, die die Stimmung anheizen und solche, die eher zum Schunkeln und Träumen einladen. Als clever gewählter Opener fungiert "Out Getting Ribs" mit wunderschönem Gitarrenspiel, das sich erst gegen Ende öffnet und so die Band nach und nach in das Konzert holt.
Mit "Emergency Blimp" geht es dann direkt zu wilden Post-Punk-Klängen über. Der Track funktioniert auf "The OOZ" schon fantastisch, droht aber in der Liveversion durch das schnellere Tempo und mehr Fokus auf den Gitarren geradezu auseinander zu bersten und entwickelt dadurch einen zusätzlichen Sog.
Marshall und seine Mitstreiter wechseln vom Geschrammel immer wieder zur Ruhe - beides funktioniert ganz wunderbar. So kann auf das lässig schlurfende "Baby Blue" in der zweiten Hälfte des Albums das ungestüme "Half Man Half Shark" folgen, ohne, dass das unpassend wirken würde. King Krule schwebt ja ohnehin über klaren Genre-Zuschreibungen, und mit dieser Platte macht er einmal mehr klar, dass er die auch gar nicht braucht.
Es finden sich Stücke von allen drei Studioalben als King Krule, die in dem kaum aufgehübschten Livesound ein schönes neues Zuhause finden. Im eben erwähnten "Half Man Half Shark" rückt beispielsweise der schicke Basslauf deutlich mehr ins Zentrum und peitscht an. "Cellular" wirkt gegen Ende ebenfalls deutlich wilder und ungezähmter als in der Studioversion.
Das Schlagzeugspiel von George Bass haucht den Stücken eine besondere Dynamik ein, genauso wie die hervorragenden, prägnanteren Saxophon-Einwürfe von Ignacio Salvadores. Unter anderem in den ineinander übergehenden "Underclass" und "Energy Fleets" trumpft das Blechinstrument auf und erdet die teilweise schwer zu greifenden Stücke.
Auch Marshalls Gesang überzeugt live, sowohl in den reduzierten als auch krachigen Parts. Marshall vermittelt allein mit seiner Stimme eindringlich Emotionen, die Lyrics besorgen dann den Rest: Verzweiflung, Teenage Angst, Sehnsucht und ab und zu auch Mal ein Stück Hoffnung. Im verspulten "Alone, Omen 3" lässt Marshall etwa wissen: "You're not alone, you're not alone". Wie er hier diese Zeilen bellt, bleibt noch lange nach dem Durchlaufen der Platte hängen: In der Verausgabung auf der Bühne wirken seine Texte auf eine neue Art und Weise intensiv.
Auch "Easy Easy" fehlt nicht und bildet den Abschluss des Sets, hier in der Schlagzeug-Version. Das Highlight kommt allerdings schon recht zu Beginn in Form von "Stoned Again", das vor allem durch das Zusammenspiel von Gitarre und Saxophon sowie Marshalls passioniertem Vortrag begeistert. Die Performance des Songs ist auch Teil des mit dem Album veröffentlichten Youtube-Kurzfilms. Besonders gelingt hier die Kontrastierung älterer King Krule-Aufnahmen mit denen aus dem vergangenen Jahr gegen Ende des Films. "You Heat Me Up, You Cool Me Down" zementiert King Krule als Ausnahmekünstler und mischt den bekannten Tracks eine neue Intensität bei.
2 Kommentare mit 4 Antworten
Gefällt.
Mit der Säge oder manuell?
Mit'm Pimmel!
Ja, echt gut . So hart wie eine Rinde aus Hartz!
#Janineeintrachtmilf
Schlagzeuger George Bass wirkt vom Namen her wie der Typ Mensch, der alleine vorm Tor ohne vorheriges abseits und mit aller Zeit der Welt den Ball dann doch etwas ungelenk am Tor vorbei ins Aus schlenzt...
Vielleicht steht er ja auch einfach nur auf Drum 'n' Bass.