laut.de-Kritik

Ohne Vorwarnung zurück in die Blütezeit des Funk.

Review von

"Guten Tag, wir möchten mit Ihnen über Gott sprechen." Wenn es in den unmöglichsten Momenten an der Tür klingelt, steht vor selbiger entweder ein gestresster Postbote mit einem Einschreiben - oder die Zeugen Jehovas. Ihnen ist man dann mit Kater, falsch herum angezogenem Pulli und schief sitzender Brille schutzlos ausgeliefert. Leider fanden sich unter ihnen bei uns aber bisher weder Prince noch Larry Graham.

Beide sind seit 2001, als Graham nach langwierigen Diskussionen Prince Rogers Nelson zu seinem Glauben bekehrte, untrennbar miteinander verbunden. Auch auf dem ersten Graham Central Station-Album seit 1998 hinterlässt der 1,57 Meter kleine Musikus mehr als nur eine Duftnote. Gleich auf drei Tracks ("Raise Up", "Shoulda Coulda Woulda" und "Movin'") steht Prince dem Bass-Altmeister und Erfinder der Slaptechnik zur Seite.

Der lässt sich feiern. Ganze zwei Minuten hält er sich zurück, bis er in "Throw-N-Down The Funk" endlich in die Stahlsaiten greift. Dies geschieht dafür aber so nachhaltig, dass selbst Flea für einen kurzen Moment zu einem Plagiat verkommt. Geschichte spielt groß auf. Der Grandfather of dicke Daumen ist zurück und er hat eine ordentliche Portion Ur-Funk mitgebracht.

Vollkommen aus der Zeit gefallen wirkt Graham in seinem weißen, mit Strasssteinchen verzierten Anzug und einer Feder am Schlapphut, wie ein Negativ von Johnny Cash. The Man in White. Ohne Vorwarnung zurück in die Blütezeit des Funk. Jede musikalische Entwicklung der letzten vierzig Jahre wird einfach ignoriert.

Allein der Einsatz der Millfield Horns ist das Aufdrehen der Anlage bis an die Schmerzgrenze wert. Wo findet man heute, außer vielleicht bei einem Tower Of Power-Album, noch solche Gänsehaut verbreitenden Bläser-Arrangements? Ein Adrenalinstoß, der in "Higher Ground" seinen Höhepunkt erreicht. Das Stevie Wonder-Cover, in dem GCS-Sängerin Ashling Cole die Vocals übernimmt, bläst im wahrsten Sinne des Wortes alles weg.

Um einiges entspannter zeigen sich der Titeltrack "Raise Up" und das von einem 1980er-Keyboard durchdrungene "No Way". "One Day", auf dem Raphael Saadig Gitarre und Vocals übernimmt, spielt mit dem Philadelphia-Soul der O'Jays und erinnert mit seinen ständigen Wechseln zwischen den Sängern an "You Are The Sunshine Of My Life" von Stevie Wonder.

Leider kämpft "Raise Up" trotzdem mit einigen Schwächen. Mit "It's Alright", "Now Do U Wanta Dance" und dem Al Green-Track "It Ain't No Fun To Me" greift der ehemalige Sly And The Family Stone-Bassist auf altbewährte Selbstläufer seines Repertoires zurück. "It's Alright" und "It Ain't No Fun To Me" halten sich bis auf den Einsatz der Millfield Horns größtenteils an die Originale. Man darf doch kurz über den Sinn dieser Aktion grübeln. Das Tempo von "Now Do U Wanta Dance" fährt dann massiv nach unten, auf G-Funk-Style. Fast schon ein Wunder, dass Snoop Dogg nicht noch für einen kleinen Besuch vorbei geschaut hat. Gestanden hätte er dem Vocoder-infizierten Track allemal.

Bestenfalls entbehrlich gestalten sich die Balladen. Bleibt "Shoulda Coulda Woulda" noch durch ein Quantum Blues passabel, rutscht "Hold You Close" in schmalzigste "Say You Say Me"-Gefilde. Fast so gruselig wie ein Teil der banalen Texte, mit denen Graham seine Songs füllt. Diese über Seiten hinweg abzudrucken, ist schon gewagt. Aber vielleicht ist das nur ein geschickt ausgetüftelter Plan, um den "Wachturm" interessanter aussehen zu lassen.

Trackliste

  1. 1. GCS Drumline
  2. 2. Throw-N-Down The Funk
  3. 3. It's Alright (The New Master)
  4. 4. Raise Up feat. Prince
  5. 5. Shoulda Coulda Woulda feat. Prince
  6. 6. Welcome 2 Our World
  7. 7. It's Ain't No Fun To Me (The New Master)
  8. 8. Higher Ground
  9. 9. No Way
  10. 10. Hold You Close
  11. 11. Movin' feat. Prince
  12. 12. Now Do U Wanta Dance (The New Master)
  13. 13. One Day feat. Raphael Saadiq

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