laut.de-Kritik
Akustische Konfettimaschine mit Talent.
Review von Christian KollaschLina Larissa Strahl, Star der überaus erfolgreichen Bibi-und-Tina-Filme, Popsängerin und Social-Media-Influencerin mit fast 500.000 Followern auf Instagram, hat mit ihren 19 Jahren bereits eine Karriere hingelegt, die so bunt ist wie ihr Insta-Feed. Dass ihre erste LP "Official" hier die "Halbwertszeit einer Snapchat-Nachricht" attestiert bekam, dürfte Lina dabei wohl kaum gejuckt haben. Ihr seichter Deutschpop hebt sich qualitativ immerhin von musikalischen Totalausfällen wie "How It Is (Wap Bap...)" ihrer Jungstar-Kollegin Bibi H. ab.
Mit "Ego" serviert Lina ihren "Strahlern", so wie sie ihre Fans nennt, nun einen weiteren Eintrag im Tagebuch ihres glitzernden Lebens. "Sieht die Welt beschissen aus, schmeiß ganz einfach Glitzer drauf", proklamiert sie im Opener "Glitzer". Dass ein funkelnder Misthaufen eben, nun ja, ein Haufen Mist bleibt, braucht dabei doch niemanden zu kümmern. Tief schürfende Philosophie hat auf "Ego" nichts verloren, hier regiert die Leichtigkeit des Seins mit lyrischen Weisheiten auf Glückskeks-Niveau.
Peter Fox dürfte seine helle Freude mit diesem Album haben, so viel glänzt auf den 14 Tracks. Dabei bewegt sich Lina zwischen solidem Sprechgesang und einer dünnen Kopfstimme, bei der die Software hörbar Stützräder bereitstellt. Dass ihr Organ keine hohe Reichweite besitzt, steht den Feelgood-Songs aber keinesfalls im Weg. Ihren Charme bezieht Lina aus ihrer leichtfertigen Performance, die für ihr Alter erstaunlich kaltschnäuzig daherkommt.
In den besten Momenten auf "Ego", wie in dem mit Kino-Analogien gespickten "Unser Film", verpackt sie das auf dem Album redundant eingesetzte Thema Beziehungen sogar mit Wortwitz: "Wie du mein Leben so in Szene setzt / Großaufnahme nur vom Jetzt". An gleicher Stelle fragt man sich jedoch, was die Verantwortlichen dazu verleitet hat, die quäkigen Synthies in den Refrain einzubauen.
Das Soundgerüst von "Ego" bleibt auf Albumlänge das größte Problem von Linas zweitem Werk. Zweckdienlich wäre da wohl die angebrachteste Beschreibung, denn über leicht angerockten Zuckerpop kommen die Tracks einfach nicht hinaus. Der geht zunächst gut ins Ohr, verkrümelt sich anschließend aber wieder sofort zurück in die große Produzenten-Cloud. Es wäre Lina zu wünschen, dass sie in ihrer weiteren Musikkarriere auf Menschen trifft, die mit ihr kreativere Wege gehen. So dröhnt "Ego" eben zielgruppengerecht, aber auch austauschbar aus den Jugendzimmern.
"Ego" bleibt wie sein Vorgänger der musikalische Spiegel der Generation Youtube. Leichtfertig, schnelllebig und unbeschwert setzt sich Lina zu generischen Pop-Sounds in Szene. Dennoch beweist sie in den starken Momenten des Albums, dass sie mehr Talent besitzt als viele Schmink-Tussies und Prankster. "Ich bin zu jung für diesen Scheiß", heißt es in "Zu Jung (Tick Tack)". Sie soll sich ruhig austoben, für Reife bleibt später noch genug Zeit.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Im Ernst : ..muß sowas hier vorgestellt und besprochen werden ???
es gibt doch Portale wie BRAVO oder was weiß ich, wo solche Hipstermädchen besser hinpassen würden ..........
Laut ist für mich eine plattform die versucht das ganze musikalische spektrum ab zu decken. Finde es grade interessant auch mal was über musik zu hören die ich nicht höre.
@leedt:
Mag mich irren, aber über Jazz, Klassik oder Weltmusik hab' ich hier vergleichsweise wenig gelesen ... *kopfkratz*
Gruß
Skywise
Ja, der Mangel an Jazz hier stimmt mich tatsächlich auch etwas nachdenklich.
https://m.youtube.com/watch?v=M4sEcIHG0Yc
Zwischenfrage: Hast du Kinder?
Für den Fall dass könnte die Review durchaus interessant sein.
leider nicht ganz der beste release aus 2017...