laut.de-Kritik

Die Sache mit dem verflixten zweiten Album.

Review von

Es ist oft dasselbe Spiel: Junge Artists arbeiten mit unzähligen Mixtapes auf einen Labeldeal hin, um dort ihr großes, von langer Hand geplantes Debütalbum zu releasen. Die meist gewaltigere Herausforderung birgt jedoch die folgende zweite Platte. Zumeist sind die ganz großen Geschichten schon auf dem Erstlingswerk erzählt, ähnlich wie im Falle Logics: Auf "Under Pressure" entblößte er sich in beeindruckender Manier hinsichtlich Familientragödien, Süchten und gescheiterten Beziehungen. Wohin die Reise auf "The Incredible True Story" nun geht? Ins Weltall, natürlich.

Logic wagt demzufolge ein fiktives Konzeptalbum, für das er eigens ein Skript anfertigte. Es spielt 100 Jahre in der Zukunft. Die beiden Protagonisten Quentin Thomas und William Kai befinden sich mit der Aquarius 3 auf dem Weg zu einem Planeten namens "Paradise". In den eingestreuten Skits sind immer wieder – mal mehr, mal weniger – angeregte Diskussionen ob der Sinnhaftigkeit ihrer Mission zu hören.

Abseits der imaginären Erzählung spannt Logic auf den regulären Songs zwar hin und wieder die Brücke zu den kosmischen Ereignissen, bleibt ansonsten aber größtenteils seinem bisherigen Mantra treu. Will heißen, dass der allgegenwärtig zelebrierte Hedonismus bedeutenderen Themen weichen muss. "Fade Away", der Einstieg in die Platte, geht mit gutem Beispiel voran: Auf einem verträumten Sample sinniert Logic über die Vergänglichkeit des Lebens und den Wunsch, etwas Zeitloses zu hinterlassen.

Die Chancen dazu stehen nicht mal sonderlich schlecht. "The Incredible True Story" fällt – anders als der Vorgänger – jedoch nicht in die Kategorie. Dafür sprechen einige grundlegende Probleme der Platte: Anders als auf "Under Pressure" gelingt es Logic nicht, die Spannung durchweg aufrecht zu erhalten. Zwar ist das Gros der Songs leicht zugänglich – auf der anderen Seite, und das ist der springende Punkt – zumeist zu wässrig und undefiniert, um tatsächlich im Gedächtnis zu bleiben.

Man merkt dem äußerst umtriebigen Frickler (nach eigenen Angaben hat er Tausende von Songs in der Hinterhand) zwar den unbändigen Willen an. Jedoch gelingt es ihm nicht, seine Fähigkeiten auf den 18 Songs zu bündeln. Die Produktionen, die von 6ix und Logic selbst stammen, lehnen sich größtenteils an drückende, statische Golden Era-Einflüsse an. Bestenfalls führt dies zu Songs wie "Young Jesus", auf dem Logic sich mit Gast Big Lenbo in bester Live-Cypher-Manier das Mikrofon teilt.

In anderen Momenten versucht Logic hingegen, sich den temporären Szenegrößen wie Drake anzubiedern. "I Am The Greatest" verkommt allerdings mehr zur hölzernen Imitation, anstatt der eigenen Kreativität, die auf "Under Pressure" noch in jeder Sekunde spürbar war, freien Lauf zu lassen. So wird "The Incredible True Story" zu einer zähen Angelegenheit. Qualitative Leuchttürme sind nur dann auszumachen, wenn Logic wie von der Tarantel gestochen losrappt, seine Doubletime-Passagen dabei aber stets präzise bleiben.

Der eigene, unverkennbare Stil, den der 25-Jährige auf seiner Debütplatte auf Anhieb gefunden zu haben schien, ist nun leider nur noch phasenweise hörbar. An seinen eigenen Ansprüchen und dem Prädikat 'zeitlos' gemessen ist das doch etwas zu wenig, um in der Liga der ganz Großen mitzuspielen.

Trackliste

  1. 1. Contact
  2. 2. Fade Away
  3. 3. Upgrade
  4. 4. White People
  5. 5. Like Woah
  6. 6. Young Jesus (Feat. Big Lenbo)
  7. 7. Innermission (Feat. Lucy Rose)
  8. 8. I Am The Greatest
  9. 9. The Cube
  10. 10. Lord Willin’
  11. 11. City of Stars
  12. 12. Stainless (Feat. Dria)
  13. 13. Babel
  14. 14. Paradise (Feat. Jesse Boykins III)
  15. 15. Never Been
  16. 16. Run It
  17. 17. Lucidity
  18. 18. The Incredible True Story

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4 Kommentare

  • Vor 8 Jahren

    Habs vorhin zum ersten Mal gehört und die Qualität der Produktionen hat mich erstmal weggeblasen. Bin gespannt, ob es wirklich so kurzlebig ist, wie hier beschrieben.

  • Vor 8 Jahren

    Also ich finde das Logic mit einer der besten Rapper zurzeit ist und das Album ist ebenfalls im Vergleich zudem ganzen Rotz der rumdüppelt super.

  • Vor 8 Jahren

    Würde nach etlichen Durchläufen 3,5/5 mit Tendenz zur 4 geben, einfach wegen der Liebe zum Detail.

    Beste Tracks:
    Fade Away
    Upgrade
    Young Jesus
    Stainless
    Paradise

  • Vor 7 Jahren

    Ich verstehe die Kritik nicht wirklich. Der Autor hat sich anscheinend auch nicht detailliert mit dem Album auseinandergesetzt. Anders ist es nicht zu erklären, das Songs wie Lord Wilin (für mich ein absoluter Hörgenuss!!!) garnicht erst angesprochen und bewertet werden. Schade. Under Pressure war nicht zu Unrecht auf 1, aber the incredible true story ist auf keinen Fall so schwach wie der Autor es macht. Für mich auch eher eine 8 auf einer skala von 1 bis 10.