laut.de-Kritik
Die Menschheit am Arsch, die Zivilisation versagt.
Review von Ulf KubankeDie Menschheit am Arsch, die Zivilisation versagt, Ethik, Empathie und Moral längst zur Hölle gefahren! So viel endzeitliche Realität schreit nach einem Konzeptalbum mit Bestandsaufnahme und Utopie. Lord Of The Lost lassen ambitionierte Taten folgen und mit "Empyrean" die thematisch passende Scheibe vom Stapel.
Sie machen es einem wahrlich nicht leicht. Sobald Chris Harms das Szeneklischee vor der Tür lässt und mit unkonventioneller Kreativität glänzt wie beim herrlichen Gothmetal-Samba "La Bomba", schließt man sie gern ins Herz. Auch das Akustikalbum "Swan Songs" blieb ohne Fehl und Tadel.
Dem gegenüber stehen leider Gallonen von Schwarzszene-Stereotypismen oder unausgegorener Metalsalat wie "Full Metal Whore". "Empyrean" vereint Stärken und Schwächen. Die Platte ist kein Fehlschlag, sie entlockt allerdings auch kaum Schreie reinster Verzückung.
Unbestritten: Die Band besitzt erhebliches Talent im Bereich melodischen Songwritings. Das rettet sie und ihre Tracks nicht selten vor dem Absturz. "Raining Stars", "In Silence", "The Interplay Of Life And Death" oder "Interstellar Wars" erweisen sich hier durchaus als Zierden ihrer Zunft. Auf der wesentlich dünneren Seite des Brettes stehen auf evil gebürstete Belanglosigkeiten wie die metallisch aufgeblähten Allerweltsnummern "No Gods No War" oder "Death Penalty".
Ähnlich wie sich die Protagonisten von "Emperean" auf die Suche nach dem ersehnten Himmelreich begeben, muss auch der Hörer die Spreu vom Weizen trennen. Licht und Schatten geben einander die Klinke in die Hand. Auf der einen Seite stehen schöne Details, etwa der Keyboard/Pianolauf in "Utopya". Auch originelle Clubnummern zwischen eleganter Elektronik und Monster ("Raining Stars", "Doomsday Disco") schlagen auf der Haben-Seite zu Buche.
Andererseits geben Lord Of The Lost mitunter zu viel der vorhandenen eigenen Identität preis, um szenetypische, längst überkommene Traditionen zu bedienen. Zu oft klingt ihr Ausflug gen Industrial-Metal nach den mittleren 90ern. Cybertec, Birmingham 6, Cat Rapes Dog oder Cubanates "Hate Song" stehen noch immer Pate, ohne je qualitativ erreicht zu werden. Schade, dass LOTL auch mehr als zwanzig Jahre später keinerlei frischen Wind in das dahinsiechende Genre blasen.
Ein Highlight heben sie sich für den Ausklang der Platte auf. "Where Is All The Love" lautet anno 2016 nicht nur eine berechtigte Frage. Hier tragen sie richtig dick auf und öffnen sich schwelgend hymnischem Pop. Genre-Rassisten und engstirnige Metalheads mit Trveness-Fetisch werden sicherlich fluchend das Weite suchen. Diese absurde, nahezu allergische Reaktion rufen LOTL ähnlich polarisierend hervor wie etwa Babymetal. Allein dafür muss man die Hamburger Metalgothpopper dann doch lieben. Ein wenig, zumindest.
2 Kommentare
Freue mich schon auf die neue Platte. Und "Full Metal Whore" war in meinen Augen durchaus sehr kreativ. Die Mischung aus klassischem Goth mit energiegeladenem Core, machte wirklich einiges her und auf dem neuen Album scheint die Band den Spagat zwischen altem und neuem Sound zu schaffen. Bin wirklich gespannt, aber die Previews hören sich schon sehr sehr geil an !
hmm, 4/5 kann man schon geben, höre die nach wie vor sehr gerne, da gibt's viel schlechteres in dem genre