laut.de-Kritik

Jack Daniels statt Faxe Bier.

Review von

Skandinavische Sängerinnen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Gut, schon Robyn und Lykke Li musizieren nicht gerade auf ABBA-Niveau, aber was Marie Fisker mit ihrem Debüt veranstaltet, ist einfach nur unverschämt – unverschämt amerikanisch.

Die Reibeisenstimme der 34-Jährigen trägt eine Melancholie in sich, die so eigentlich nur abgehalfterte Country-Damen kleidet. Whiskeytrunken grölen die Rednecks, während eine jaulende E-Gitarre in den Äther hallt. Eine Träne läuft ihr die Wange herunter ebenso wie die Schweißperlen den fetten Pseudo-Cowboys. Fiskers Musik ist allerdings weit weniger klischeebehaftet als die Kopfgeburten des Rezensenten.

Die Fangemeinde des dänischen Elektropapstes Anders Trentemøller staunt nicht schlecht, als "Sycamore Feeling", die erste Single seines lang erwarteten zweiten Albums, erscheint. Das Stück ist erstaunlich organisch, nichts zu fühlen von elektronischer Sterilität. Verärgerte Fans wenden sich am besten direkt an Marie Fisker, die den Text und die Musik schrieb und mit ihrem eigenwilligen Sound das Stück für sich vereinnahmt.

In voller Länge und einem deutlich passenderen Kontext erlebt man sie in ihrem Erstling "Ghost Of Love". Über knackige 43 Minuten überzeugt die Dänin mit teils psychedelischen, teils countryesken Songs. Ausufernde E-Gitarren und ein stoisches Wummern des Schlagzeugs schwirren durch den Klangraum – Reminiszenzen an drogengetränkte Endlos-Sessions der unsterblichen Velvet Underground. Ausgleichend eilt jedoch ein Americana-Sound herbei, der erdiger ist als eine Fangopackung im Steigenberger Hotel.

Die Schnittmenge dieser Pole füllt die nuancierte Stimme der Marie Fisker. Countryhaft melancholisch oder psychedelisch hallend klingt sie durch den Longplayer. Das Trommelfell wird zum Reibeisen, wenn Fisker aus den Lautsprecher haucht. Es sind jedoch die lauten, die abgedrehten Momente, in denen "Ghost Of Love" überzeugt. "My Love My Honey" düdelt sich beispielsweise mit einer nörgelnden Heimorgel und rumpelnden Drums zum Höhepunkt des Albums. We need more Wurlitzer!

Ein wenig B.R.M.C.-Einschlag auf "City Lies" oder der zähflüssige Blues-Rock in "Devil Tear" sind genau die Ecken und Kanten, die das Album so gut machen. Nur wenige Lieder sind wie "Little Light Lit" zu glatt geraten. Marie Fiskers eingängige Stimme benötigt organische, holprige Oberflächen, um dort Halt zu finden.

So verwundert es nicht, dass das Lousiana Museum Of Modern Art sie für die musikalische Untermalung des Johnny Cash Abends aussucht. Doch auch eine Velvet Underground Retrospektive oder ein Neil Young Tribute-Album würden von ihr authentisch verpackt.

Trackliste

  1. 1. Ghost Of Love
  2. 2. Seven Days
  3. 3. Hold On To This For A While
  4. 4. Jack Of Hearts
  5. 5. Little Light Lit
  6. 6. My Love My Honey
  7. 7. Devil Tears
  8. 8. City Lies
  9. 9. On The Brim
  10. 10. Good Till Now

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