laut.de-Kritik
Die Reggae-Queen und Kollegen beweisen: Sie haben verstanden.
Review von Dani FrommMarlene Johnson unterzog die Geduld ihrer Fans einem echten Härtetest. Seit ihrer äußerst vielversprechenden EP "Runaway" von 2005 wartet jeder, an dem dieses zauberhafte Debüt nicht vorüber ging, auf das erste Album der Lady. Im vergangenen Jahr setzte es zwar einen Schwung schicker Remixe. Wirkliche Erfüllung boten die jedoch nicht.
Jetzt aber: "I'm hip hop, I'm r'n'b, I'm bebop, I'm country / I soul, I pop, I rap, I'm funky." Mit selbstsicherem Eröffnungs-Statement präsentiert sich Marlene Johnson als "child full of vibes" und verheißt zu der wohligen Ästhetik knisternden Vinyls eine breite Palette akustischer Genüsse. Hochgesteckte Ziele wollen allerdings erst einmal erreicht sein.
"My Type O' Smoove" belegt: kein Problem. Was zu Beginn den Eindruck recht traditionell gestrickter Reggae-Nummern mit Weltverbesserungslyrik verschafft, entpuppt sich im weiteren Verlauf als eine einzige Demonstration von Musikalität, Vielfalt und Groove.
In "No More Cry" wirkt Marlene Johnson noch zerbrechlich, ein wenig verloren zwischen tragender Melodie und dem Basslauf. Mit ihrer schon beinahe in einen Rap übergehenden Performance in "Children Of Jah", dem ein melancholisches Saxophon eine Ahnung von Jazz einhaucht, wischt sie leise Zweifel jedoch umgehend vom Tisch.
Zungenfertig hüpft sie - "bad boy love a rudegyal style" - begleitet von kraftvollen Bläsern und pluckerndem Bass durch "Over The Valley", lässt ihre Duettpartner Natty King und Anthony Cruz wie schmückendes Beiwerk aussehen und reitet gleichermaßen dubbig blubbernde Bässe in "Cool Down" wie die volle Breitseite aus Keyboards und Percussion von Tekas I Love-Riddim.
Um so beeindruckender gestaltet sich ihre Gesangsleistung jedoch, je reduzierter die Kulisse gerät. Zum warmen, heimeligen Klang einer Akustikgitarre packt sie Verletztheit, Zweifel, Zähigkeit und Stärke in "U". Einmal mehr bringen mir Songs wie dieser oder das gänzlich ohne Begleitung vorgetragene "Good Life" vor Augen, warum ich erwachsene Frauen von großen Gefühlen singen hören mag und nicht etwa ahnungslose Teenies vom Kaliber einer Rihanna.
Was wissen die schon? "My Type O' Smoove" bestellt das klassische Themenfeld des R'n'B - von der Liebe und vom Verlust, ebenso glaubwürdig, wie es reggae-typische One Love-Utopien ausbreitet.
"Over The Valley" im Remix auf der Basis einer Human Beatbox schlägt das auch schon hörenswerte Original noch einmal um Längen. Preisen Sie Gerald Huber am Mikrofon! Er fabriziert auch die Begleitung zu "They Don't Know", einer abgefahrenen Spoken Word-Leistung, die es trotz unerheblicher Länge von gerade einmal 49 Sekunden zu meinem persönlichen Highlight des Albums bringt.
"Peace, love, unity and having fun" hatte sich einst Afrika Bambaataa auf die Fahnen geschrieben. Mit der abschließenden druckvollen Nummer "Little Love", die ihren Zauber aus den unterschiedlichen Vocals in verschiedenen Sprachen bezieht, beweisen Marlene Johnson und Kollegen: Sie haben verstanden.
3 Kommentare
das klingt doch viel versprechend. und bei dem Wetter gleich mal reinhören
starkes Album. brauchte 2 durchläufe, aber jetzt bin ich sehr angetan
Cool Down finde ich übrigends eher Skaig als Dubbig, ziemlich präsenter Offbeat, erinnert alles eher an so neotrad Sachen wie The Slackers o.ä. großer Track.
super Album!