laut.de-Kritik

Nur hörbar aufgrund der Beats und der Features.

Review von

Sich brainstormartig Themen für Tracks ausdenken und die jeweiligen Texte raptechnisch furchtbar gestalten; ja, das kann nur Mc Fitti. Zumindest perfektioniert er dies auf "Peace", seinem zweiten Album.

Zwar fallen einem schon in "Arbeit Macht Mega Bock" sofort die ausgesprochen gut produzierten Beats auf. Doch dann darf der Lyriker ran: "Beim Dachdecker gibt's was auf's Haus, der Gärtner holt das Gras raus, der Doc schmeißt 'ne Runde Pillen und die Feuerwehr ist am grillen". Mag an sich ja ganz lustig sein, wird aber so schlecht vorgetragen, dass man sich schon vor dem ersten Refrain überlegt, ob man die CD nicht besser beiseite legt.

Den Miami Vice-Style hat Fitti schon auf seinem Debüt "#geilon" aufgegriffen. Mit "Ghettoblaster" ist nun die Boombox-Zeit dran. Das Stück fängt sehr cool an und überrascht mit einer dicken Bassline in der Hook. Zum Ende setzt sich Fitti leider eine Autotune-Maske auf, was den bis dahin tatsächlich hörbaren Track vollkommen zerstört.

Zwar ist fast jedes Lied zum Tanzen geeignet, trotzdem bekommt es der Berliner nicht auf die Reihe, einen guten Text auf einem guten Beat zu performen. Zeilen wie "Boogie Woogie, Rumba Salsa, alles geht auf dieser Party, jede Lady raved und jeder Boy wird zu Sirtaki" und "Roflcopter, hoppla gestolpert" sind halt auch langsam nicht mehr lustig.

"Einhorn Fang" ("Und wir gehen heut Nacht ein Einhorn fangen zusammen") ist so absurd eingespielt, dass man meinen könnte, Fitti parodiere eine Berliner Jugendkultur sowie alle Rapper, die bisher poppige Liebeslieder geschrieben haben. In diese Richtung geht auch "Fotos": Alles muss fotografiert und bei Instagram hochgeladen werden, Handykameras werden wie Waffen benutzt, jeder hat eine "10 Megapixel, Mac-10". Zeilen wie "Ich kille jeden Moment mit meiner Cam" und "Selfie, Kopfschuss" klingen sogar ein wenig sozialkritisch, gehen dennoch nicht weit genug und sind auf Dauer vor allem anstrengend.

Doch es geht auch anders: Die Instrumentals von "LSD" (psychedelische Orgel, Old School-Gitarrenriffs und eine Sitar im Intro) kommen so lässig, dass Fittis Text ("Mit dem Cabrio zur Ponderosa / Yolobärchen sitzt aufem Mofa") gar nicht so schlimm erscheint. Zu den wenigen guten Tracks des Albums gehört auch "Tattoo". Fittis Eröffnung mit "Fünfer Nadelstich, saubere Outline" und der Refrain "Die Tätowiermaschine rattert über meine Haut, übergeiler Sound, übergeiler Sound" machen tatsächlich Laune. Die Beats sind wieder fett und Featuregast Sido sorgt für den Höhepunkt auf dem Track.

Die bedrückenden Beats in "Hauptsache Gold" haben nichts mit Fröhlichkeit zu tun und passen gut zur Hook "Wir wissen genau was wir wollen, irgendwas, hauptsache Gold". Featuregast DCVDNS ist hier mit seiner rauen Stimme genau die richtige Wahl. Technisch Mc Fitti haushoch überlegen, sorgt er dafür, dass das Ganze irgendwie verstörend wirkt. Fitti wirkt hingegen überfordert, das muss man auf dem eigenen Studioalbum erstmal schaffen.

Die Figur Fitti steht ohnehin längst im Kreuzfeuer. Selbst Bushido hat ihn schon als Flaschensammler gebrandmarkt. Die Antwort "Paradies Aus Glas" erschien daraufhin auf Youtube - Fitti als König der Pfandflaschensammler, wird durch dein weggeworfenes Sixpack reich, produziert von Oliver Koletzki. Selbstironisch textet er da: "Der Pfandapparat wird zum Geldautomat" oder "Gibt es auf Moet Magnum oder wie das nochmal heißt / gibt es da eigentlich Pfand drauf?".

Natürlich ist sich Fitti seiner Sache sehr bewusst. In "Mein DeLorean" zählt er auf seine Art auf, was ihm in der Kindheit alles so Spaß gemacht hat. Dazu gehören "Hubba Bubba, Chuba Chubs, Panini-Bildchen getauscht mit den Jungs", aber auch die Alten wie "Torch am Mic, Toni L, Beats von den Stiebers". Dazu gesellen sich kitschige Synthies, die an Blümchens "Nur Geträumt" erinnern und Samples von Cora E und Blumentopf. Der Track hat eine nette Grundidee, ist raptechnisch aber wieder furchtbar umgesetzt.

So bleiben von "Peace" letztlich nur sehr gut produzierte Beats und ordentliche Features in wohliger Erinnerung. Alles weitere muss wohl der entsprechende Alkoholpegel deichseln. Oder wie Mc Fitti sagen würde: "Dippi, dippi, Discoschnupfen".

Trackliste

  1. 1. Arbeit Macht Mega Bock
  2. 2. Ghettoblaster
  3. 3. Tattoo
  4. 4. Einhorn Fang
  5. 5. Mama Halblang
  6. 6. Dance
  7. 7. LSD
  8. 8. Hüpfburg
  9. 9. Fotos
  10. 10. Hauptsache Gold
  11. 11. Paradies Aus Gold
  12. 12. Mein DeLorean
  13. 13. Zauberei
  14. 14. Blumenmädchen

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7 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 10 Jahren

    Es gibt nur ganz wenige Leute die mich aggressiv machen. MC Fitti ist einer von denen. Dieser Künstler verkörpert alles was mich ankotzt, und selbst wenn es nur als Parodie gemeint ist.

  • Vor 10 Jahren

    Fand das erste Album ja ganz gut muss ich zugeben. Die sehr dopen Beats und teilweise witzigen Songideen konnten sein nicht vorhandenes Talent halbwegs kaschieren und die Texte fand ich in ihrer unbekümmerten Dämlichkeit ziemlich sympathisch. Hat mir definitiv den Sommer 2013 bereichert. Das neue wird auf jeden Fall mal per Spotify begutachtet. Mit dem Typ an sich hab ich mich darüber hinaus nie wirklich beschäftigt.

  • Vor 10 Jahren

    Ich kann die Leute verstehen die Fitti nicht leiden können. Mir als Berliner macht die Musik von Fitti richtig gute Laune, manche Sachen sind halt wirklich witziger wenn man z.B. das Ostkreuz aus der eigenen Erfahrung kennt. Die Musik muss nicht umbedingt die Beste sein, aber ich kann besonders den älteren Tracks einiges abgewinnen!