laut.de-Biographie
Miles
Feinste Indie-Popperlen kommen nicht zu häufig aus der Provinz. In der fränkischen Provinz gibt es sie noch seltener. Genau genommen findet man ziemlich viel nicht zu allzu oft im Fränkischen. Dementsprechend findet Tobias Kuhn auf einem Würzburger Schulhof auch nicht gerade viele Seelenverwandte, die seine Vorliebe für den Indie-Rock der frühen Neunziger Jahre teilen. Mit Gilbert Hartsch trifft er dann aber doch einen Typen, der auch ein Alice In Chains-T-Shirt trägt und auch schlecht sitzende Frisuren mag. Gesucht, gefunden. Die beiden leben bald darauf ihren gemeinsamen Musikgeschmack in schrammeligen Schüler-Band-Versuchen aus.
Nach einigen Herumtreibereien wollen sie es irgendwann richtig wissen. Per Zettel suchten sie in Würzburger Kneipen nach einem festen Schlagzeuger. Der erst kürzlich aus Schweinfurt nach Würzburg gezogene Ronny Rock meldet sich und kommt tatsächlich - Slacken ahoi - ohne Sticks zum Vorspielen. Das gefällt Kuhn und Hartsch und Rock ist aufgenommen. Mit Rene Hartmann holt man sich noch schnell einen Bassisten mit ins Boot und spielt erste Konzerte in den Jugendzentren des Frankenlandes.
Unter dem Namen Miles From Nowhere nehmen die vier die erste EP "Manana" auf und haben kurz darauf eine gleichnamige Band am Hals, die auf ihr Namensrecht pocht. Die Würzburger machen es auf die Slacker-Art und geben lieber nach, anstatt sich zu prügeln - also kürzen sie sich selbst um zwei Worte. Unter neuen Namen gründen sie ihr eigenes Label Spool Records, auf dem 1994 das erste Album "Baboon" erscheint. Auch außerhalb Würzbugs finden die weichen, aber doch straight rockenden Indie-Songs aus dem Frankenland ihre Beachtung, und bald darauf dürfen Miles die Flaming Lips auf ihrer Deutschland-Tour begleiten.
Die Band bleibt weiter am Ball und nimmt im U-Phon-Studio zu Weilheim ihr zweites Album "The Day I Vanished" auf, das auf dem Major V2 veröffentlicht wird und den endgültigen Durchbruch bringt. Die Singles "Astronaut Without A Cause", "Pretty Day" und "My Friend Boo" haken sich in den Rotationen der Musiksender fest und auch in den Newcomer-Polls sind Miles ganz oben.
Nach endlosen Touren (u.a. als Support der Stereophonics) gönnen sich Miles erst mal eine Auszeit, um den Kopf frei zubekommen und sich langsam auf ihr drittes Album vorzubereiten. Das selbstbetitelte Werk schlägt eine ganz andere Richtung ein, als man das von Miles gewöhnt ist: Streicher, Klaviere und Synthesizer weisen den Weg zu einem großspurig angelegten Meilenstein, der weit weg vom früheren Proberaum-Gebolze glänzt. Fein arrangiert betreten Miles Discotizer-Pfade und landen mit der ersten Single "Perfect World" nicht nur in Deutschland einen Hit. Bei den Verehrern sind Italien und vor allem Japan ganz vorne mit dabei: "Perfect World" klebt wochenlang in den vordersten Rängen der japanischen Radio-Charts.
Nach dem großen Hoch kommt bekanntermaßen gern der große Fall. Im September 2000 trennen sich Miles wegen persönlicher Differenzen von Basser Rene und finden nur schwer einen Nachfolger. Aushilfsweise spielt Jem, der bei den letzten beiden Platten hinter dem Mischpult saß, den Bass für die anstehenden Touren durch Europa, bis es ihn doch wieder zurück an die Regler zieht. Miles stehen erneut ohne Bassisten da und brauchen dringend wieder eine Auszeit. Sänger Tobias Kuhn zieht erst Cambridge, dann nach München, Ronny und Gilbert finden in Berlin ihr neues Zuhause.
Im Sommer 2001 setzen Miles eine Suchanzeige für einen neuen Bassisten auf ihre Homepage. Den Zuschlag erhält die Münchnerin Nina Kränsel, die auch noch bei Crash Tokio die dicken Saiten zupft und bei einem Support-Gig für Ash in Bochum ihr Miles-Live-Debüt gibt. Danach sieht es dann fast so aus, als wäre die Band endlich wieder auf dem aufsteigenden Ast: Miles sind endlich wieder vollständig und arbeitet in einer alten Scheune in Würzburg an einem neuen Album. Doch das Tal ist noch nicht überstanden. Bei V2 Records wechselt der Chef, der neue Mann an der Spitze kann mit den Würzburgern wenig anfangen und droppt die Band kurzerhand aus seinem Rooster.
Nach über zehn Jahren im Musik-Business sind die Franken aber alte Hasen genug, um das Ding auch alleine zu riskieren. Während in den USA die Best-Of-Compilation "Structure Vs. Happiness" veröffentlicht wird, feilen Miles weiter fleißig an ihrem vierten Album. Mit deutlich mehr Indie-Schrammel als zuckersüßen Pop gehen sie in ihrer Scheune weiter an die Sache und nehmen in Eigenregie "Don't Let The Cold In" auf.
Die Platte findet mit dem Berliner Noisolution Label (auf dem auch noch Blackmail oder Mother Tongue unter Vertrag sind) endlich ein Label, das bei der Veröffentlichung tatkräftig mithelfen will. Im Mai 2003 steht die Platte in den Regalen. Miles sind zurück
Im August 2003 wagt Tobias Kuhn einen ersten Schritt in Richtung Solo-Karriere. Sein Projekt Monta veröffentlicht eine kleine, aber feine EP namens "Always Altamont". Nachdem er damit auf eine Akustik-Tour geht wagt er sich auch an den ersten Longplayer. "Where Circles Begin" steckt voller warmer und melancholischer Stücke.
Mit seinem zweiten Werk "The Brilliant Masses" stellt er sich zum ersten Mal auch als Labelchef vor und produziert alle Songs selbst. Ein weiteres Popschmuckstück präsentiert er somit seinen hocherfreuten Fans und dem stets zufriedenen Kritikern. Das Liedgut steht bereit, weiter in die weite Welt hinausgetragen zu werden. Go For It!
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