laut.de-Kritik

Plätscher-Pop vom netten Belgier von nebenan.

Review von

Kein Highlight, aber auch kein Milowlight ... ach halt, den Joke hatte ich neulich schon mal. Wobei, egal – wenn Milow seit 13 Jahren gefühlt immer wieder den gleichen Song rausbringen darf, dann darf ich doch wohl auch meine Wortspiele recyclen.

Knapp drei Jahre nach seinem letzten Longplayer "Lean Into Me" ist der sympathische Belgier von nebenan mit der neuen Platte "Nice To Meet You" zurück. Von Pommes und Waffeln bis Tim und Struppi hat Belgien der Welt ja schon viele tolle Dinge beschert, in der Kategorie Pop-Musik bewegen sie sich (abgesehen von Stromae) aber eher auf deutschem Niveau.

Die Radiotauglichkeit startet auf "Nice To Meet You" direkt mit dem Auftaktsong "Whatever It Takes". Gemütliche 92 Bpm, drei fröhliche Akkorde, auf die Schläge zwei und vier wird geklatscht und selbstverständlich eine eingängige Melodie. Noch kann ich mich nicht entscheiden, für was der Song besser geeignet wäre: für unzählige Ukulelen-Cover auf YouTube oder als Intro-Song irgend einer Arzt-Sitcom. Vielleicht beides?

Jedenfalls kein Anwärter fürs "Guinness Book Of Records". Im gleichnamigen Song geht Milow allerdings doch etwas hart mit sich selbst ins Gericht: "She'll be looking me up in the Guinness Book of Records / Looking me up, thе boy who fucked it up a thousand times." Um welche gescheiterte Liebe es hier auch immer gehen mag, musikalisch hat er mit dem Song schon mal nicht komplett abgefucked. Die Gitarre macht Spaß, der Bass groovt, danke gut.

Als großer "Zurück in die Zukunft"-Fan hatte ich vor allem Hoffnung in "DeLorean". Leider ist der Song musikalisch sowie textlich außergewöhnlich gewöhnlich. "Das ist stark!" trifft hier leider nicht zu. Allerdings für die Klickzahlen zu "ASAP". Die neben "Whatever It Takes" erfolgreichste Vorabsingle war auch die bisher einzige, die es in den Charts ernsthaft zu etwas gebracht hat. Aufgrund der eingängigen Melodie verständlich, trotzdem klingt der Song as spiritless as possible.

Der Titeltrack "Nice To Meet You" läutet den ruhigeren, emotionaleren Part des Albums ein. Musikalisch ok, inhaltlich wird es jetzt viel persönlicher und damit auch um Längen besser. Milow besingt seine Rolle als Vater und liefert wertvolle Tipps über das Leben: "By design it's painful when you grow / But you'll survive it if you take it slow." In "Thinking Big" geht es ums Alleinsein, Hoffnung und – wie eigentlich immer – um die Liebe. In den emotionalen Stil ordnet sich auch "Lost Boys" mit dem einzigen Featuregast Sam Bettens ein, den Milow als einen seiner Lieblingssongs auf dem Album bezeichnete.

Insgesamt überwiegen musikalisch sonst aber definitiv die fröhlichen Werke. Etwa "Donkey Kong" in dem der mittlerweile 40-jährige Sänger auf sein Geburtsjahr 1981 verweist. Im selben Jahr erblickte auch der legendäre Videospiel-Affe das Licht der Welt. Oder "Doc Doc Doctor" mit dem inzwischen gewohnten Pop-Beat und Gitarren im Offbeat. Meine Arzt-Sitcom-Intro-Aussage von vorhin muss ich korrigieren, der Song passt da natürlich noch besser. Drama, Romantik, eine Prise Humor und eine dicke Schicht Kitsch, alles drin: "Doc-doc-doctor, what do you see when you put me in your MRI? / Is that the soul of a man who's ready for love or just another broken heart?" Lesen hier irgendwelche Drehbuchautoren mit?

Zeit, noch ein tatsächliches Highlight und Lowlight zu küren. Für das Highlight kommt vor allem "Tomorrow Comes Too Soon" infrage, das mit leichten Reggae-Vibes und sorglosem Text herrlich entspannt vor sich hin plätschert. Deutlich leichter zu küren ist auf jeden Fall das Lowlight. An "How Love Works" führt hier nichts vorbei. Etwas Einschläfernderes hab ich seit der letzten Rede von Frank-Walter Steinmeier nicht mehr gehört. Belangloser Text, musikalisch passiert einfach gar nichts – der Tiefpunkt der Platte. Abgeschlossen wird diese dafür mit dem schönen "Oscar", eine Hommage an Milows verstorbenen Schlagzeuger Oscar Kraal.

Ihr fragt euch vielleicht, warum die Platte hier nicht gut wegkommt, aber trotzdem drei Sterne bekommt. Ganz einfach: "Nice To Meet You" mag so viel Wow-Faktor haben wie Milow Haare auf dem Kopf. Aber das braucht sie auch nicht. Er war schon immer der stets lächelnde aber unauffällige Typ und genauso ist auch seine Musik. Sicher ist das Album (nach eigener Aussage sein persönlichstes) keine Neuerfindung des Rads, aber poppig, sommerlich, sorglos – könnte man bei der Grillparty nebenher laufen lassen und es wäre perfekt, weil es allen gute Laune beschert, aber gerade so uninteressant ist, dass es nicht vom wichtigsten ablenkt – Gespräche mit Freund*innen und Familie.

Trackliste

  1. 1. Whatever It Takes
  2. 2. Guinness Book Of Records
  3. 3. DeLorean
  4. 4. ASAP
  5. 5. Nice To Meet You
  6. 6. How Love Works
  7. 7. Thinking Big
  8. 8. Donkey Kong
  9. 9. Doc Doc Doctor
  10. 10. Tomorrow Comes Too Soon
  11. 11. Lost Boys
  12. 12. Oscar

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