laut.de-Kritik

Ein Actionfilm-Soundtrack? Nur keine Hektik.

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Mit Soundtracks kennen sich Mogwai mittlerweile aus. 2006 erschien das mit Clint Mansell und dem Kronos Quartet eingespielte Album zu Darren Aronofskys Fantasy-Drama "The Fountain", noch im selben Jahr komponierten die Glasgower die Musik für "Zidane: A 21st Century Portrait", das ein Spiel der französischen Fußballer-Legende in Echtzeit unter die Lupe nimmt. Auch ihr Score zur BBC-Dokumentation "Atomic" (2016), die anhand von Archivaufnahmen ein eindrückliches Bild von den Schrecken des Atom-Zeitalters zeichnet, erhielt sehr gute Kritiken. Mit "KIN" lebt erstmalig ein ganzer Kinofilm ausschließlich von Mogwai-Klängen.

Die dazugehörigen Leinwandbilder stammen von den australischen Zwillingen Jonathan und Josh Baker. "KIN" stellt zugleich ihr Spielfilmdebüt dar und wartet mit bekannten Schauspielern und Schauspielerinnen wie James Franco, Zoë Kravitz und Dennis Quaid auf. Der Science-Fiction-Streifen erzählt die Geschichte eines entlassenen Häftlings und seines Adoptivbruders, die sich sowohl mit dem FBI als auch mit Außerirdischen waghalsige Verfolgungsjagden liefern. Hört sich zunächst rasant und actiongeladen an, baut sich aber musikalisch vergleichsweise verhalten und geduldig auf. Nur keine Hektik.

So nehmen Mogwai in "Eli's Theme" mit behutsamen Pianotönen und flächigen Gitarren eine ruhige Erzählperspektive ein und setzen somit der Fantasie des Hörers keine Grenzen. Anschließend gehen futuristische Elektronik und dynamische Akustik in "Scrap" eine gelungene Symbiose ein und fungieren als Wegweiser durch eine dystopische Welt. In "Flee" entlocken die Schotten ihren Tasten- und Saiten-Instrumenten deutlich kraftvollere Klänge. Für die Untermalung einer abenteuerlichen Jagdszene passt der Song aufgrund der sich kontinuierlich steigernden Spannungskurve wie die Faust aufs Auge.

Dementsprechend verlassen sich die Musiker auf dem Soundtrack nach wie vor auf ihr postrockiges Laut/Leise-Wechselspiel - nur kompakter als zuletzt. Dafür sorgt vor allem Barry Burns, der seine Synthies atmosphärischer einsetzt als auf dem Vorgänger "Every Country's Sun". Sein Spiel führt in "Donuts" durch vernebelte, ambiente Soundlandschaften. Dazu schrauben sich verhallte Gitarrenklänge monumental in die Höhe. Zwischendurch blitzt immer wieder kurz eine honigsüße, eingängige Melodie auf. Ein wenig Shoegaze schwang schon auf "Every Country's Sun" in einigen Momenten mit, nun bauen Mogwai diesen Sound aus.

Burns' Pianoarbeit zieht sich wie ein roter Faden durch den Score und lenkt "Guns Down" in harmonische Bahnen, selbst wenn Noise-Feedbacks hier und da die vermeintliche Ruhe brechen. Im Titelsong beschwört das Klavier dagegen eine flirrende Stimmung herauf. Zum Schluss mündet das Stück in einer erlösenden Wall Of Sound, während überschwängliche Tastenakkorde gleichzeitig auf ein Ende mit Schrecken statt ein Schrecken ohne Ende hinsteuern. Mitreißender lässt sich der entscheidende Wendepunkt einer Story musikalisch kaum noch gestalten.

Im finalen "We're Not Done (End Title)" greift Stuart Braithwaite schließlich zum Mikro und fügt der treibenden und nach vorne gehenden Indie-Nummer, die durchaus klangliche Parallelen zu "Teenage Exorcists" von "Music Industry 3. Fitness Industry" (2014) aufweist, eine jugendlich anmutende Leichtfüßigkeit hinzu. Für einen festen Platz auf der Live-Setlist der Schotten bewirbt sich der Song zweifelsohne.

Insgesamt markiert "KIN" eine logische Weiterentwicklung des Vorgängers. Andererseits klangen sie seit "Mr. Beast" selten pianolastiger. Auf dem opulenten Score siegt das Feingefühl der Musiker für melodisches Songwriting über rohe Gitarrengewalt. Eventuell findet so ein Mainstream-Publikum allmählich Zugang zu der Musik Mogwais. Darüber hinaus fällt sie höchstwahrscheinlich besser aus als der Film an sich, der bei Kritikern bislang vernichtende Bewertungen einfährt.

Trackliste

  1. 1. Eli's Theme
  2. 2. Scrap
  3. 3. Flee
  4. 4. Funeral Pyre
  5. 5. Donuts
  6. 6. Miscreants
  7. 7. Guns Down
  8. 8. KIN
  9. 9. We're Not Done (End Title)

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