laut.de-Kritik

Die Triphop-Pioniere frönen der fröhlichen Wissenschaft.

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Und wieder einmal lassen Morcheeba die Sonne herein! Mit locker angeschlagener Akustikgitarre, hellen Synthie-Tupfern und Backbeat-Handclaps eröffnen sie das Album wie einen neuen Sommer. Und der Düsenjet, der gleich zu Beginn im Hintergrund abhebt, fliegt bestimmt nach Süden in die Ferien! Zwar hat die auf- und wieder absteigende Melodielinie von "Wonders Never Case" durchaus etwas Melancholisches, zugleich aber ist sie einfach genug, um direkt in Ohr und Herz zu gehen. Die kleine, einfache Melodie reicht - mit gelegentlichen Dur- und Moll-Wechseln sowie den um einen Halbton erhöhten Wiederholungen - für den ganzen Song, für Strophe und Refrain.

Spielerisch reichern Morcheeba ihren Sound mit allerlei Samples und Geräuschen an, mit einem Flieger eben oder mit blubberndem Unterwasser-Klavier. Mit sicherer Hand und warmen Klängen bezaubern die Triphop-Pioniere den Hörer, bekennen sie sich zu einer Oberflächlichkeit, deren ganz ungewöhnliches und eigenes Merkmal es ist, dass sie sich nicht so schnell abnutzt, wie man das sonst von leichter Musenkost kennt.

Dass aber in diesem Opener einmal die E-Gitarre das Interlude bestreitet und einmal das Keyboard, darf sicher als programmatische Entscheidung angesehen werden. Morcheeba wollen sich nämlich nach der ernsten Schaffenskrise vor zwei Jahren angeblich deutlicher als früher zur Rockmusik bekennen. Davon hört man wenig: zwar geben auf "The Antidote" oft Saiteninstrumente den Ton an, in Songaufbau und Grundstimmung ähnelt das aktuelle Album aber stark dem Vorgänger "Charango".

Stücke wie der erwähnte Opener, "Living Hell", "Lighten Up" oder "Daylight Robbery" schließen vollkommen bruchlos an dieses Meisterstück des leichten Pop an. So als wollten die Brüder Godfrey beweisen, dass sich nach Skye Edwards Ausscheiden nichts, aber auch rein gar nichts geändert hat. Manche Titel erweitern das stilistische Spektrum tatsächlich um rockige Facetten, etwa im Uptempo-Track "People Carrier". Die Flöte in "Ten Men" fügt ein folkloristisches Element bei, in "Like A Military Coup" liegt so viel Hall auf den Stimmen, dass man sich an die Mittelalter-Sänger von Renaissance erinnert fühlt.

Womit wir nun endgültig beim Thema Daisy Martey, der neuen Sängerin von Morcheeba angelangt sind. Ja, sie hat eine klare, umfangreiche, bestens geschulte Soulstimme. Ja, sie sieht auf manchen Fotos aus wie eine energiegeladene Wuchtbrumme. Und doch kann sie ihre Vorgängerin nicht vergessen machen, vor allem nicht die himmelschreiende Verführungskraft, mit der Skye Edwards zumindest ihre männlichen Zuhörer in Zauberhaft nahm. Das ist der Wermutstropfen, der den ganzen Sommer trübt!

Trackliste

  1. 1. Wonders Never Cease
  2. 2. Ten Men
  3. 3. Everybody Loves A Loser
  4. 4. A Military Coup
  5. 5. Living Hell
  6. 6. People Carrier
  7. 7. Lighten Up
  8. 8. Daylight Robbery
  9. 9. Antidote
  10. 10. God Bless And Goodbye

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37 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    Meine aussage über den "nicht gefundenen Grund dieses threads" bezog sich einfach nur auf die meinung des herrn threadautors. denn er mag sie nicht aber macht den thread auf. mehr nicht. böse?

  • Vor 18 Jahren

    Hallo,

    wie anders ist denn die neue Stimme? Sofern man das beschreiben kann. Ähnlichkeit mit ner anderen bekannten? Ich habe es bisher noch nicht geschafft, in das neue Album reinzuhören. Ich bin ganz mit einigen Vorrednern. Skye Edwards war für mich Morcheeba. "Otherwise" ist ein fantastisches Lied. Mit neuer Stimme ist das anders, aber von Skye ist es einfach legendär. Und manchmal ist das Original auch "anders" nicht befriedigend, weil das erste so eingeschlagen hat. Habe vor längerem mal ein Konzert in London gesehen, leider in der Glotze vom alten Ray Cokes moderiert- in einem Nachtclub- großartig. Was macht denn Skye Edwards- weiß das jemand? Übrigens, ich bin ein Musikfreak aber was ist denn Triphop genau?
    Wo und wie "lernt" ihr neue Musik kennen, um auch im Alter immer schön aufgeschlossen zu sein...;)

  • Vor 16 Jahren

    Ich habs jetzt erst gehört, fands erst "anders" im sinne von "gefällt mir nicht so gut wie früher".
    Nun aber muss ich sagen, dass es auf jeden fall anders is als das, was sie davor gemacht haben, mich aber die eingängigkeit der songs und der spezielle stil überzeugt haben, so dass ich dieses album zwar nicht als "morcheeba-typisch" einklassifizieren würde, es jedoch auf jeden fall seine daseinsberechtigung hat und es mir viel hörvergnügen bereitet ;)