laut.de-Kritik
Lässige Saaten-Vielfalt aus 80s-Funk, Disco, Motown und Hip Hop.
Review von Sven KabelitzEin Vögelchen namens Pressezettel hat mir gezwitschert, dass hinter Mr Bird der englische Produzent, DJ und Multi-Instrumentalist Steve Bird steckt. Nachdem er unter immer wieder wechselnden Namen bereits auf diverse Veröffentlichungen zurück blickt, folgt nun mit "Low-Fi Classics" ein erster geschlossener Longplayer.
Um seine Ideen zu konkretisieren, nimmt sich Bird den englischen Singer/Songwriter Greg Blackman und dessen schöne Singstimme zur Seite. Dieser trällert sich durch eine Saaten-Vielfalt aus 80s-Funk, Northern Soul, Disco, Jazz, Motown, Breakbeats und dank einer gelegentlichen Extraportion Sprechperlen auch durch Hip Hop. Mal beschwingt, mal schwermütig, aber niemals verzagt schlüpft der Sänger mit jedem Stück in eine neue Rolle.
Cover und Titel kündigen es bereits an: "Low-Fi Classics" dient als Brücke in die Vergangenheit, stellt eine Art neu erschaffenes Mixtape dar. Trotz der Vielseitigkeit der einzelnen Tracks bildet sich jedoch eine Einheit. Im Gegensatz zu manch seelenloser 80er-Retro-Maschine kopieren Mr Bird und Mr Blackman nicht einfach das Gestern, sondern entdecken einen eigenen zeitgenössischen Ansatz. Geschickt finden sie eine pfiffige Mixtur aus organischen Instrumenten und elektronischen Elementen.
Beim fröhlich lässigen "Over Again" eröffnen Mr Bird und Blackman mit tropischen Syntheziserflächen, die wie Sonnenschein durch diesen R'n'B-Track der alten Kool & The Gang-Schule ziehen. Zum Glück mehr The Supremes als Phil Collins feiern sich die beiden in der Folge durch das Holland-Dozier-Holland ähnliche Motown-Stück "The Morning's Coming". Wer hier nicht munter mitschnippst, hat keine Daumen.
Während Mr Bird im schönen Instrumental "GB's Groove" eine Art Zeitlupen-Version des Wamdue Project-Songs "King Of My Castle" darbietet, würdigt er zusammen mit Blackman in "On The Dancefloor" seine alten Helden George Clinton und Rick James.
"Get On Through" offeriert siedenden Philadelphia-Sound mit Latin-Einflüssen, dessen sommerliche Percussions sich auch gut bei Stevie Wonders "Songs In The Key Of Life" gemacht hätten. Was in "A Love Forever Fly" als Neo-Soul-Ballade beginnt, endet in einem Funk- und Hip Hop-Zeittunnel.
Mr Bird und Greg Blackmann schaffen das Kunststück, auf "Low-Fi Classics" mit unzähligen Zitaten, Einflüssen und Versatzstücken zu spielen, ohne dabei zu einer simplen Kopie zu verkommen. Ohne je durchweg Retro zu sein, bieten sie einen entspannten Ausflug in die Musikgeschichte. Aufgetragen, poliert aber niemals überproduziert schütteln sie zwölf locker flockige Sommersongs aus dem Ärmel.
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