laut.de-Kritik

Suff sorgt im dunkelsten Kämmerlein für strahlendes Licht.

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Eine Sodom-und-Gomorra-Nacht am Ballermann, ein 80s-Karaoke-Abend in Wit Boy-Jeans, ein heimlicher Promi-Big-Brother-TV-Abend: Wer besoffen ist, den ertappt man in den skurrilsten Feier-Momenten. Auch eine Beschallung aus der Kajüte von Mr. Hurley und seinen Pulveraffen lässt sich mit reichlich Sprit im Tank ertragen. Der Suff sorgt schließlich im dunkelsten Kämmerlein für strahlendes Licht.

Niedersächsische The Pogues-Vibes gepaart mit rumgetränktem Gesabbel aus der Freibeuter-Kombüse? Einmal kräftig einschenken, und dann geht das schon. Sobald der Promillezeiger im roten Bereich parkt, packt man im Hafen von "Tortuga" kräftig mit an. Captain Blake will schließlich wissen, wo seine Kanoniere abgeblieben sind, wer das Steuerrad geklaut hat und wer in der Lage ist, seine verloren gegangenen Erinnerungen wieder ans Tageslicht zu fördern.

Musikalisch begleitet wird die Piraten-Tour von handwerklich solide eingeprügeltem Hochsee-Folk, der in punkto Innovation und Nachhaltigkeit allerdings keinerlei Spuren hinterlässt. Die Vermutung liegt nahe, dass die Pulveraffen gerne wie eine flotte The-Pogues-meets-Hayseed-Dixie-Mixtur um die Ecke kommen würden. Aber um im Konzert der Branchengrößen mitspielen zu können, müssten Mr. Hurley und seine Besatzung noch ein paar Ecken und Kanten mit einbauen. Zu glatt und unspektakulär vereinen sich akustische Gitarren, Schifferklavier, Ukulele, Flöte und Drums zu einem großen Ganzen, das abzüglich der alkoholgetränkten Lyrics auch jede Kinderradio-Sendung musikalisch untermalen könnte.

Dass die Pulveraffen mittlerweile auch auf großen Metal-Festivals willkommen sind, liegt wohl eher am schrulligen FSK-16-Humor der Herren Hurley, Bannock und Morgan. Wilde Suff-Fantasien ("Achtung, Fertig, Prost"), gusseiserne Liebesschwüre ("Ich Kanone Dich Nicht Leben"), Träume von Piratenabenteuern auf geheimnisvollen Inseln ("Tortuga") und ein Mini-Freibeuter-Hörspiel, aufgeteilt in vier Akte ("Blakes Landgang"): Für einen feuchtfröhlichen Themenabend unter schwarzer Piratenflagge ist das hier genau das richtige. Ohne Alk im Blut hingegen bleibt man lieber im sicheren Hafen stehen und lässt die wilde Horde alleine in Richtung Horizont schippern.

Trackliste

  1. 1. Totgelacht
  2. 2. Achtung, Fertig, Prost
  3. 3. Blakes Landgang (Pt. 1)
  4. 4. Tortuga
  5. 5. Ich Kanone Dich Nicht Leben
  6. 6. Trau Keinem Piraten
  7. 7. Schlechtes Vorbild
  8. 8. Blakes Landgang (Pt. 2)
  9. 9. Gib Dem Affen Zucker
  10. 10. Das Letzte
  11. 11. Wär' Ich Gouverneur
  12. 12. Blakes Landgang (Pt. 3)
  13. 13. Mit'n Schwert
  14. 14. Was Du Kriegen Kannst
  15. 15. Der Haifisch
  16. 16. Blakes Landgang (Pt. 4)
  17. 17. Gute Nacht Tortuga
  18. 18. Blau Wie Das Meer

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12 Kommentare mit 10 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Ich kann die negative Wertung absolut nicht nachvollziehen. Die Jungs machen super Musik und super Stimmung, die Texte sind genial und haben eine ordentliche Portion Witz und Ironie. Und genau dafür ist diese Musik doch auch gemacht - um Spaß zu haben, um zu tanzen und zu feiern. Das hat aber kaum was damit zu tun, dass man sich betrinken muss, um sie ertragen zu können.

  • Vor 7 Jahren

    Ich schließe mich hier _Tina_ an.
    Obwohl ich kein Musiktheoretiker bin oder 50 Jahre Musikerfahrung in mein Urteil mit einfließen lassen kann und es deshalb auf diese Website beschränke muss man sich immer fragen aus welchem Genre und welchem Umfeld diese Musik kommt und wo sie ihren offensichtlichen Erfolg feiert.

    Wer sich etwas darauf einlässt und mehr als nur im Internet recherchiert, sondern vlt. auch Fans oder die Band selbst fragt findet heraus, dass sie natürlich auf dem MPS präsent sind und dort als trinkmotivierende Band flache Witze, teils leichte Musik (Blau wie das Meer) und derben Humor anpreisen ...
    Aber auch aus dem mittelalterlichen Ambientespiel und vor allem dem LARP (Live Action Role Play) kommen und ihre Texte so tatsächlich nicht bühnenfern präsentieren, sondern unter Menschen in Tavernen/am Lagerfeuer/am Marktstand offerieren.

    Der Anspruch ist hier also weder gehoben angesetzt (siehe die Pöbeleien der Vor-Alben), noch soll er mich Wise Guys ähnlichem Humor und intelligenten Reimen den Hörer packen (Mit'n Schwert).
    Er soll unterhaltend sein, thematisch sein, zum Mitsingen sein, manches mal vlt. sogar authentisch sein und vor allem gute Laune bringen. Ihm hier aber zu unterstellen er sei "nur mit reichlich Sprit" ertragbar halte ich für eine einseitige und offenbar begrenzt reflektierte Ansichtsweise.
    Zum Pogues-Vergleich hätte ich mir eine nähere Ausführung gewünscht, da ich vielleicht mangels Erfahrung nur bedingt eine Verbindung ziehen kann.

    Fazit: Mir persönlich haben vom neuen Album die Lieder
    -"Trau keinem Piraten" (schöne Thematik und wunderbare Bridge)
    -"Der Haifisch" (Statement gegen Rechts, ähnlich wie "Bunt nicht Braun" von Schandmaul, dutzenden Versengold-Liedern und reiht sich mit seinem Sarkasmus gut in eine Reihe von neuen (leicht) politischen Liedern gegen Rassismus ein)
    -"Gute Nacht Tortuga" (nicht so schön wie das "Abschiedslied" vom Album zuvor, aber höre ich mir sehr gerne an :) )

    Schlecht am Album finde ich:
    -Warum eine neue "Blau wie das Meer"- Version? Als Musiker kann ich es nicht mehr hören von betrunkenen Taverneninsassen nach dem Lied gefragt zu werden. -.-
    - So mancher schlechter Reim (Amazone - Kanone zb. )
    Gehört vlt. zum Stil der Pulveraffen, ähnlich wie das Pöbeln, aber manchmal fällt es mir schwer den Vorwurf der Einfallslosigkeit abzutun mit solchen Reimen. :P

  • Vor 7 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.