laut.de-Kritik
Jein.
Review von Michael Schuh"Inkonsequent" läuft gut an. Monotoner 80s-Basslauf (obendrein noch mit der Akkordfolge des Jeans Team-Fegers "Vergessen"), dazu alte Tsching- und Pling-Laute aus C 64-Zockertagen und schließlich Nachladers Eröffnungs-Statements: "Du sagst nach A nur selten B - und nach dem C kommt gleich das G - das Q ist dir total egal - und D und V, die können dich mal - du bist so inkonsequent".
Ein wahrlich netter Aphorismen-Anschlag, den der Berliner Nachwuchsmucker Daniel Baumann da in genüsslich groovender Elektropop-Verkleidung trefflich und ungekünstelt auf uns ausübt. Ja, der Synthesizer wieder, trotz Gitarre auf dem Cover. Elektro plus Clash - versus Scheuklappen und falscher Crossover-Scham, verstehste? Versiertes Style-Hopping, Trio-Samples, dazu eine Portion Sloganeering und Vocodering (janz frisch usse Hauppstadt) und den Sequencer bitte immer schön bei Fuß. Funktioniert außer beim Opener auch in "Fett", "Einfache Dinge" und "An Die Wand".
2001 gründete Baumann mit Freunden das Elektro-Kollektiv Unkool, seither versucht er, das Gegenteil zu sein. Will ja jeder. Auf seinem Nachlader-Debüt "Bock Auf Aphorismen" gelingt ihm das nur bedingt. Musikalisch dürfen sich 80s-Fans von New Order ("Individuum Vakuum") über Ladytron ("Bald Ist Früher Als Später") bis Schneider TM anschnallen. Inhaltlich regiert allerdings zumeist nebulöser Zitat-Pop, der durchaus auch nervig-penetrante Formen annehmen kann ("Arbeitsgeld").
Entgegen dem letzten großen Hedonismus-Poeten Christian Kreuz scheint sich Baumann auf Dauer zu sehr seiner aphoristischen Vorgabe verpflichtet zu fühlen, und hangelt sich schon mal an einer einzigen Zeile entlang. Dies funktioniert dann auch fünfeinhalb Minuten lang, wenn er unaufdringlich griffig skandiert, dass man "ja nicht immer Protestlieder singen" muss. Dagegen hat eine Zeile wie "(Gebt mir) Alles was ich will, ist weniger als ich verdiene" nicht das Zeug, annähernd lange zu fesseln.
An skurrilen Statements herrscht auch kein Mangel: "Ich hab' meine Gitarre verkauft, weil ich gedacht hab' dass ich lieber programmiere; dicke fette Beats und Bässe mitten in die Fresse." Schon besser: "Fett sind die Beats auf meiner neuen Platte, fett werde ich wenn ich zuviel Pommes hatte, fett sind die Verluste bei der Plattenindustrie, fett sind die Gewinne bei Musikpiraterie." Also: Reinhören und bei Interesse rippen, äh, kaufen!
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