laut.de-Kritik
Keine Krise ohne Slogan.
Review von Mathias DeneckeEs geht wieder aufwärts oder zumindest vorwärts - mit dem Bundes-Soundtrack für die Wirtschaftskrise. Der Langspieler liegt gut in der Hand und zeigt sich im schicken OP-Art-Kostüm. Nachdem sich das Auge ausreichend am Cover gelabt hat, meldet sich das Hörorgan zur Probeverköstigung.
Viertel- und achtelangeschlagene Saiten springen aus den Kopfhörern. Reduzierte Drums profilieren sich gegen opulente Synthies, denen sich Daniel Baumanns gelangweilter Singsang untermischt. "Und wenn du denkst, du kannst es besser, dann geh doch Nahause."
Der Silberling gefällt auf Anhieb. Dabei ist der Opener nicht mal zur Hälfte abgelaufen. Berliner Schnauze Baumann weckt Interesse: "Willst nur rumkitteln, kritisieren und irgendwelche Scheiße labern – Is mir doch egal." Elektroklänge flirren wie heiße Luftmassen über Teer. Wie Asphalt im Hirn fühlt sich auch der Text an. Brüche, exzessives Wiederholen immer derselben Phrasen, bis zum Bruch überdehnte Spannungsbögen, die sich dem Hörer tanzbar und hymnengleich aufgearbeitet darbieten.
Daniel Baumann, Kopf von Nachlader, erinnert an einen Dandy, der in seinem zerbröckelnden Reich ein bisschen lamentiert. Und dabei mit irrer Konsequenz auf Allgemeinplätze verweist. Beispielhaft führt er vor, wie man mittels eines Kontoauszugs und den Automatenbediengeräuschen einen ganzen Song komponiert ("Soll/ Haben").
Er kommuniziert ein Kommunikationsproblem ("Kommunikationsproblem"), spielt mit benebelten Synthies nach Art von 80er Keyboardanfängerkursgedudel ("Hasch") und kritisiert die Virtuelle Welt ("Raus Auf die Straße"). Der Startschuss für den ganz persönlichen Aufschwung findet ebenfalls seinen Platz ("Pommes und Disco").
Der Spielkonsolensound der Vorgängerscheibe schreitet in "Koma Baby Lebt!" energisch voran. Das Retroschlagzeug und die gesunde Abgehobenheit, die in der monotonen Stimme miteiert, erhöhen die Bereitschaft, die Platte nochmals rotieren zu lassen.
Der Sound frisst sich in den Gehörwindungen fest und drangsaliert energisch das Trommelfell. Wortgeblödel versus Atariklänge. Jedem Anflug von Langweile verweigert der schlichtweg synthiebetrunkene Kopf-Fluglotse für guten Geschmack die Landegenehmigung. Gut so.
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