laut.de-Kritik

New York-Rap aus dem idyllischen Schweizer Aargau.

Review von

Mit seiner "Invasion"-Serie, den ersten offiziell gesponserten Mixtapes von Eminems Shady Records, erlangte DJ Green Lantern erstmals internationale Aufmerksamkeit. Gefühlte tausend Tapes später läutet der in New York lebende Libanese und Dead Prez-Kompagnon sein neuestes Projekt mit dem Schweizer Rap-Duo Nefew ein - Man vs. Many.

Trugen die Eidgenossen noch vor wenigen Jahren den Bandnamen Emphasized Prophecy, steht heute Nefew für New Eduction From Every Word. Bereits 2007 schuf sich das Duo in den USA Reputation durch eine Kollaboration mit Masta Ace und Wordsworth, seitdem wird die Band trotz bescheidener Aargauer Herkunft gerne als vielversprechenster Hip Hop-Act aus Europa gehandelt - unter anderem vom Q-Magazine. Interessant zu wissen, straft man die talentierte Hip Hop-Formation auf dem heimischen Kontinent doch eher noch mit Lethargie.

"Man vs. Many" wird den Fertigkeiten der Schweizer absolut gerecht. Mit einem Faible für Jazz- und Soul-lastige Beats, die nicht um die druckvollste Basslinie buhlen, sondern sich vielmehr um sanfte Melodiösität bemühen, nähert sich Nefews Rap den Trademarks von Genre-Königen wie Talib Kweli oder Common an.

Das klingt alles genauso rund und geschmeidig, gleichzeitig lyrisch hochwertig, die Schweizer Abstammung fällt in keinem 16 Bar-Konstrukt auf, entblößt sich wenn überhaupt in den Zeilen der Biographie. Trotz qualitativen Vorsprungs gegenüber so ziemlich allen anderen englischen Versuchen aus deutschsprachigem Raum, gelingt es Polemikk und PA-Double leider nicht, diesen zum siegenden Alleinstellungsmerkmal zu generieren. Beeindruckt in einzelnen Songs die Stilsicherheit und Eloquenz, die der MC über die atmosphärisch, harmonisch gehaltene Produktion zu Tage legt, enttäuscht eine Monotonie der Bandbreite über die gesamte Spieldauer.

Auch schafft es das hochwertige und detailreiche Klangbild des Duos nicht, diese Abwechslungsarmut zu kaschieren. So plätschert der Mix etwas vor sich hin, ohne Akzente im Erinnerungsvermögen des Hörers vor Anker legen zu können. Schade, auf beispielsweise EP-Format wäre das problemlos garantiert.

Auch wenn als Gratis-Mixtape erschienen, ist "Man vs. Many" eher als klassisches Album anzusehen, das eben schlussendlich noch von Green Lantern als Mix arrangiert wurde. Dabei kommt der DJ nicht unbedingt seiner Rolle als Mixmeister nach, er ist Präsentator, nicht mehr. Statt einem Übergang feiert die US-DJ-Tradition Aneinanderreihungen von Tracks außerdem gerne mit Mikro samt Shout Outs oder Echo-Spielereien aus der Effekt-Batterie ab. So bilden die Bindeglieder der einzelnen Songs bloß eigene Selbstbeweihräucherungseinlagen des Herausgebers.

Auf ihren marktschreienden Veröffentlicher hätten Nefew getrost verzichten können, es hätte zwar das Aufsehen um die 14 Tracks geschmälert, an musikalischer Qualität hätten sie rein gar nichts eingebüßt. Für die komplette Produktion der Tracks zeichnen sie sich nämlich persönlich verantwortlich. Weitere Unterstützung nahmen die Beiden nur vereinzelt von den Produzenten 7inch, Nottz und Costa sowie den Soul-Künstlern Dwele, Tyler Woods oder Lenny Herold an.

Insgesamt gelingt den Eidgenossen ein nettes Mixtape mit ausgezeichneter Referenz für sich als ernstzunehmende Kombo, als auch für Hip Hop aus der Schweiz. Wer in New York Zuhörer begeistert, sollte auch im idyllischen Aargau eigentlich kein Problem haben. Eventuell aber eine kleine Verspätung. "If I can make it there, I'll make it anywhere.

Trackliste

  1. 1. Arrival
  2. 2. Game feat. Dwele
  3. 3. Self Made
  4. 4. Let It Be
  5. 5. Things We Do feat. Souleez
  6. 6. The Fan feat. Nottz
  7. 7. Fade feat. Liya
  8. 8. Turn It Up
  9. 9. Phase Me feat. Lenny Herold
  10. 10. Hard To Find
  11. 11. Live Life feat. Tyler Woods
  12. 12. Be Free
  13. 13. Witness
  14. 14. It’s Music feat. Lenny Harold

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