laut.de-Kritik
Feel Good-Vibes und Schlagwort-Nonsens.
Review von Anastasia HartleibEs soll ihr großes Comeback sein. Nachdem Nelly Furtado bereits vor gut sieben Jahren versucht hatte, als Musikern wieder Fuß zu fassen und mit "The Ride" eher kläglich scheiterte, soll "7" es jetzt also richten.
Siebtes Studioalbum nach sieben Jahren Pause - passt ja schon mal. Hier hört es allerdings auch schon auf mit der Kohärenz. Während der Pressetext verlauten lässt, dass die ach so erfahrene Songwriterin ("wrote 400 songs and collaborated with artists [...] and producers from around the world over the last four years"!) auf diesem Album ihre künstlerische Identität wiederfindet, bleibt Furtado ihrer Hörerschaft genau das schuldig: Songwriting und künstlerische Ambition.
Oder wie die Sängerin es in "Ready For Myself" selbst formuliert: "Plastic dreams and paper houses / same old same refrain / mouths keep moving, lips keep talking but I don't hear a thing."
Man muss dazu sagen, dass die Songs durchaus gut produziert sind. Der Sound ist aktuell, frisch und tut nicht weh. Bei einer Produktion von diesem Kaliber sind das allerdings auch Mindestanforderungen, die es zu erfüllen gilt.
Über die Formatradio-Tauglichkeit kommt Nelly Furtado nicht weiter hinaus. Denn auf keinem der vierzehn Songs erzählt sie auch nur eine interessante Geschichte oder leuchtet ein Thema angemessen aus. Natürlich muss nicht jedes Album so gesellschaftskritisch ausfallen wie etwa ein Ferdinand von Schirach-Roman. Aber etwas mehr als zwei zusammenhängende Verszeilen pro Song dürften es dann schon sein.
Die Kanadierin, die noch Anfang der 2000er eine ganze Generation geprägt hat, verkommt gut 20 Jahre später leider nur noch zur Schlagwort-Geberin. Statt einer zusammenhängenden Strophe hört man lediglich noch mehr oder weniger sinnvoll verbaute "Buzz Words", die wohl den Vibe des Songs widerspiegeln sollen.
So macht man ein paar Trennungssongs aus, die sich durch melancholische Pianoklänge und "I'm better off without you"-Zeilen zu erkennen geben - sowie ein paar Empowerment-Lines. Dazwischen: Ganz viel Nonsens. "Floodgate, open up the well / full throttle / making love in the front seat / running all over me, yeah, yeah" - 20/20 vision when I see into your eyes / looking for an energy to elevate my life / I don't need permission to keep dancing in the lights tonight" - "Rakatarakatarum".
Der Höhepunkt des Nonsens, der auch gleichzeitig den Tiefpunkt des Albums darstellt, konzentriert sich in "Save Your Breath". Eine ganze Batterie an Featuregästen hat sich hier aufgestellt, der Song beginnt mit der großkotzigen Ankündigung "This is a community recording". Und er klingt zunächst auch sehr energetisch, mit choralen Gospel-Vibes, groß, fanfarig-breit. Und dann? Reicht das 'Community-Songwriting' gerade mal für eine Strophe. In der zweiten wird neben "Dadadam" lediglich eine Line aus der ersten wiederholt. Hintenraus darf dann noch einer der unzähligen Gäste kurz auf französisch rappen. Es grenzt schon fast an ein Kunststück, das energetische Potenzial, das "Save Your Breath" aufbaut, derart verpuffen zu lassen.
Es ist ehrlich gesagt auch gar nicht so klar, warum man an Nelly Furtado überhaupt Erwartungen stellt, die man an andere gängige Pop-Artists gar nicht unbedingt herantragen würde: Kohärentes Songwriting, künstlerische Vision, sowas. Vielleicht, weil sie mit mittlerweile 45 Jahren zu den reiferen, erfahreneren Künstlerinnen im Geschäft zählt. Vielleicht auch, weil die Sängerin mit Songs wie "Like A Bird", "Turn Off The Light", "Maneater" oder auch "All Good Things (Come To An End)" die eigene Jugend schon relativ deutlich geprägt hat und man sich deshalb verbunden fühlt.
Fest steht aber: An ihre frühen Klassiker reicht "7" bei weitem nicht heran. Wer sowieso keinen Cent auf Texte gibt und lediglich nach poppigen, aktuellen Feel Good-Vibes sucht, ist mit Nelly Furtados siebtem Studioalbum ganz gut bedient. Für alle anderen gilt: Weitergehen, hier gibt es nichts zu hören.
5 Kommentare
So sehr ich mich auch anstrenge, mir fällt einfach kein Grund ein, warum ich das hören sollte.
Boah, ist die alt geworden.
sind wir alt geworden. Hui!
Menschen werden WIRKLICH älter und sterben womöglich irgendwann auch noch? Was ein Wahnsinn! Die Welt wird doch immer verrückter.
Eine der wenigen Frauen, die mit dem Alter besser aussieht. Höre ich mir aber trotzdem nicht an.