Snoop Dogg geht unter die Schriftsteller: Das Leben des Rappers bildet die Vorlage für einen stark autobiographisch geprägten Roman. Der Berliner Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf veröffentlicht den ersten Teil des als Trilogie angekündigten Ghetto-Epos'.

Da Hood (dani) - Wenn eine der schillerndsten Figuren im Rap-Geschäft einen "großen autobiografischen Roman" verspricht und dieser zudem in Zusammenarbeit mit einem gefeierten Schriftsteller, Drehbuchautoren und Produzenten entsteht, lässt das Einiges erwarten. Snoop Doggs Werdegang liefert ohne Zweifel Stoff genug für den einen oder anderen Kinofilm. Gepaart mit der schriftstellerischen Erfahrung eines David E. Talbert sollte die Umsetzung in Buchform eigentlich kein Problem darstellen.

"Love Don't Live Here No More" (176 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 14,90 EUR) erzählt die Geschichte des Jungen Ulysses, der zusammen mit seinem Bruder Bing und der Mutter in einem nicht gerade noblen Viertel in Long Beach aufwächst. Wir starten in einem etwas angeknacksten aber durchaus existenten Familienidyll.

Mit der religiös übermotivierten Tante, einem ebenfalls auf den Plan tretenden ungeliebten Stiefvater und dem sich zu allem Überfluss auch noch einzeckenden nichtsnutzigen Onkel kommen die Probleme. Ulysses kapselt sich mehr und mehr ab, vergräbt sich in die Texte, die er heimlich verfasst und unter der Matratze versteckt, und gerät zunehmend unter den Einfluss von Dealer Buddha, der ihm großen Bruder und Vater ersetzt. Die Spirale abwärts wäre damit eröffnet.

Die Schule stinkt ohnehin wenn man nichts als die erste Liebe und Musik im Kopf hat. Neben einer Kleinkriminellen-Karriere gerät sie rasch ganz in Vergessenheit. Vom Gras- zum Crack-Dealer bedarf es nur eines kleinen Schrittes. Im Streit um Hoheitsgebiete wird man ruckzuck in einen handfesten Bandenkrieg verwickelt.

So weit, so gut. "Love Don't Live Here No More" liest sich völlig widerstandlos. Der gut 170 Seiten starke Roman lässt sich mühelos im Rahmen einer langweiligen Zugfahrt zwischen Stuttgart und Konstanz verschlucken. Allein: Der Erkenntnisgewinn bleibt sehr überschaubar. Die aus jedem dritten Rap-Song sattsam bekannte Story vom Aufwachsen in der Ghetto-Hood hält keinerlei unerwartete Wendungen bereit.

Gemessen am Geschichtenerzählertalent, das sowohl der Doggfather als auch David E. Talbert in der Vergangenheit unter Beweis stellten und dem üppigen Material-Fundus, aus dem beide schöpfen dürfen, hinterlässt "Love Don't Live Here No More" einen geradezu enttäuschend blassen Eindruck. Möglich, dass dies teilweise der Übersetzung von Nico Laubisch anzulasten ist. Möglich, dass Snoop'scher Sprachwitz bei der Übertragung ins Deutsche auf der Strecke bleibt. Ich glaube das nicht.

Die Charaktere kommen über überstrapazierte Stereotypen schlicht nicht hinaus und bleiben seltsam konturlos. Wir haben die "liebende Mutter", die unmittelbar aus Tupacs "Dear Mama" entsprungen zu sein scheint. Erwachsene Männer treten wahlweise als "erbärmlicher Loser" oder "alles kontrollierender Hustler-König" in Erscheinung. Unterstützung im täglichen Kampf bieten der "bewundernde kleine Bruder" und der "treue beste Freund", der nebenbei die Hausaufgaben erledigt. Mädchen sorgen dagegen selbstredend für emotionale wie organisatorische Komplikationen.

Der aufkeimenden Entwicklung vom Dealer zum Musiker hätte man ruhig ein wenig mehr Aufmerksamkeit widmen können. Diese findet in "Love Don't Live Here No More" lediglich am Rande, fast beiläufig statt. Einem Roman, der ausdrücklich mit dem Namen des Rap(!)-Stars Snoop Dogg wirbt, hätte ein Schwerpunkt auf dieser Perspektive durchaus gut zu Gesicht gestanden.

"Book One of Doggy Tales" - so lautet der Untertitel der Originalausgabe. Der Cliffhanger am Ende macht überdeutlich klar: Wir sind noch lange nicht fertig. Ich werde mir zu gegebener Zeit wohl auch noch den versprochenen zweiten und dritten Teil einverleiben. Dauert ja nicht lange. Anschließend kann man dann sofort wieder in die drastischere, weil plastischere literarische Welt eines Iceberg Slim wechseln.

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Snoop Dogg

Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof) Snoop Dogg,  | © lautde (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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Rap-Superstar, Produzent, Sänger, Songwriter, Labelboss, Schauspieler, Comedian, Computerspiel-Junkie, Football-Trainer (mit Lizenz!), Porno-Produzent, …

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