Touren ist 2022 teuer wie nie. Die Texaner greifen nun zu ungewöhnlichen Mitteln - ein Zukunftsmodell?

Konstanz (mis) - Die US-Rockband ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead bittet ihre Fans über eine Crowdfunding-Kampagne um finanzielle Unterstützung für eine Europa-Tournee, die noch in diesem Jahr stattfinden soll. Die Fundingsumme beträgt 12.000 US-Dollar. In einem ausführlichen Statement erklärt Bandchef Conrad Keely die Gründe, die die texanische Rockband zu diesem unüblichen Schritt veranlasste.

Die immens angestiegenen Kosten im Livebereich in Kombination mit sinkenden Zuschauerzahlen hätten letztlich den Ausschlag für die Entscheidung gegeben. On top sei noch die ausgebliebene Unterstützung ihres deutschen Labels Inside Out gekommen, wo im Juli das elfte Studioalbum "XI: Bleed Here Now" erschienen ist. Man gehe inzwischen getrennte Wege.

Steigende Preise für Treibstoffe und Flugtickets

"Wir sind es natürlich gewohnt, Geld zu verlieren. In dieser Kategorie sind wir sogar überaus herausragend und könnten locker einen Idioten-Ratgeber darüber schreiben. Manche Menschen glauben, wir seien eine erfolgreiche Band, weil wir auf Tournee gehen können, aber die traurige Wahrheit ist: Wir bezahlen, um zu spielen." Angesichts steigender Preise für Treibstoffe und Flugtickets sowie dem nach wie vor zögerlichen Interesse des Publikums an kleineren Liveshows sei eine Tourneeplanung für Musiker*innen ohne Marketing-Budgets oder Sponsorenhilfe mittlerweile sehr schwierig.

Keely führt aus, dass seine seit 25 Jahren aktive Band schon in der Vergangenheit nur in den seltensten Fällen einen Break-even der Kosten erreichte. Im Schnitt kehre man von einer Welt-Tournee mit 4.000 bis 10.000 US-Dollar Miese nach Hause zurück. Die nun auf 30.000 US-Dollar taxierten Kosten für eine Europa-Tour könne man als Gruppe jedoch nicht mehr auffangen. Darin sei bereits ein hoher Merchandise-Verkauf eingerechnet, der selbstverständlich keine Garantie ist. Selbst wenn alle Konzerte ausverkauft wären, sei man nicht in den schwarzen Zahlen.

Komplette Kostendeckung nicht möglich

"Es schmerzt mich, die romantische Vorstellung der Leute zu zerstören, dass Rockbands auf Tour einen dekadenten Lifestyle pflegen, aber in Wirklichkeit bezahlen die meisten, um vor Publikum spielen zu können", so Keely. Man wolle mit der Kampagne nicht einmal die kompletten Kosten decken, "nur den Sturz sanfter gestalten". Daher habe man beschlossen, den Stolz hinunter zu schlucken und höflich um Unterstützung zu bitten: Es gehe schließlich um "die Erhaltung von Rock'n'Roll." Nach einer Woche sind bereits ein Drittel der Fundingsumme erreicht worden.

Auch andere streichen erst mal die Segel

Im Zuge der Coronakrise sagten zuletzt mehrere Künstler*innen ihre geplanten Tourneen ab, oft ohne Begründung. Die deutschen Bands The Jeremy Days und Mantar gehörten zu jenen, die sich nicht hinter Worthülsen versteckten, sondern unverblümt schlechte Ticketverkäufe als Grund benannten. Außerdem sagten in den letzten Monaten Smile And Burn, Gossenboss mit Zett, Querbeat, Kasalla, Ahzumjot und Chilly Gonzales einzelne Gigs oder komplette Tourneen ab.

Soeben cancelten auch die schwedischen Skate-Punks von Millencolin ihre anstehende "30th Anniversary Shows" und führen schlechte Kartenverkäufe sowie "unrealistische logistische Kosten" ins Feld. Die Europa-Tour mit zehn geplanten Deutschland-Konzerten wurde auf Oktober 2023 verschoben. Bereits gekaufte Tickets behalten für ihre Gültigkeit.

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And You Will Know Us By The Trail Of Dead

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3 Kommentare mit 8 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Tja, wenn sichs nicht rentiert, dann kann mans auch lassen.

    Man kann ja endlos debattieren, ob nicht zuviele Kohle bei den Grossverdienerbands ausgegeben werden und ob das alles nicht völlig ungerecht verteilt ist - oder wird.

    Aber vielleicht ist auch einfach nicht soviel (Zahlungs)potential beim Publikum da, um so vielen Bands ein Auskommen zu ermöglichen.

    • Vor einem Jahr

      Um die Endlosdebatte weiterzuführen ...

      für die Großverdienerbands ist aber seltsamerweise immer noch genug Kohle bei den deutschen Bundesbürgern vorhanden, um horrende Summen auszugeben.
      Lieber die Kohle dafür sparen und anstatt einem Konzert (wo die Künstler eh nur noch über Riesenmonitore zu sehen sind) drei Konzerte von unterstützenswerten Bands ansehen.

    • Vor einem Jahr

      "Tja, wenn sichs nicht rentiert, dann kann mans auch lassen."

      Tun ja viele, steht im Artikel.

    • Vor einem Jahr

      "Tja, wenn sichs nicht rentiert, dann kann mans auch lassen."

      Oder man versucht's halt, sofern Band und Fans Bock haben, so lange durchzuziehen, wie es sich halt noch halbwegs meistern lässt.

      Live-Gigs sind für viele Musiker und Hörer halt der klare Höhepunkt ihres Berufs bzw. Konsums. Von doch irgendwie verständlich, dass sich manche dann versuchen, sich der von dir bemühten desinteressierten Kaufmannslogik zu widersetzen.

    • Vor einem Jahr

      Ich glaube, was Hardeyes damit sagen wollte, ist, dass die unsichtbare Hand des Marktes das schon zauberhaft regeln wird. Man darf halt auch nicht so viel Geld drucken, sonst gibt es zu viel Inflation ... ;)
      Einhornparadies-Tor ganz klar zu.

  • Vor einem Jahr

    Ich bin ganz klarer Anti-Kapitalist, aber ich finde nicht, dass eine Band von der Musik leben muss. Es gibt genug Bands, die nebenbei arbeiten und deren Mukke grandios ist.

    Bei Konzerten sieht es natürlich anders aus, da hat man einfach feste Kosten und dann regelt der Markt, dass man vor allem SchrottmusikerInnen noch Konzerte spielen.

    • Vor einem Jahr

      Man kann halt auch nicht erwarten, dass Erfolg für immer anhält.

      Aber wenn ich mehrere (fast) ausverkaufte Touren fahre und dann immer mit Miese nach Hause gehe... Sorry, da ist doch bischen was mehr schief gelaufen.

      Was aber natürlich nichts daran ändert, dass die Kräfteverhältnisse komplett aus dem Ruder sind. Wenn ich als DJ mit aktuellem Hitrelease meinen USB Stick einstecke und zu nem Booking fahre, kann ich da auch mehrere tausend Euro bekommen, obwohl ich keine krasse Logistik habe, Bühnen aufbaue, Sound teste, Probe, etc.

    • Vor einem Jahr

      "Ich bin ganz klarer Anti-Kapitalist, aber ich finde nicht, dass eine Band von der Musik leben muss."

      Sehe ich ähnlich. Ich finde auch nicht, dass Berufstätige von ihren Berufen leben müssen. Gibt schließlich genug Fliesenleger die nebenbei noch arbeiten und trotzdem nen guten Job machen.

    • Vor einem Jahr

      Bin mir immer noch im Unklaren darüber, ob Olivander seit Neuestem mit voller Absicht ein "Subtil-Troll" geworden oder ob er da so unbewusst reingerutscht ist :D.

    • Vor einem Jahr

      "Ich finde auch nicht, dass Berufstätige von ihren Berufen leben müssen. Gibt schließlich genug Fliesenleger die nebenbei noch arbeiten und trotzdem nen guten Job machen."

      LOL :D

      Genug mit dieser #gratismentalität! Man kann nicht immer nur vom Markt nehmen, man muss dem Markt auch mal was zurückgeben!! Cro hat auch noch nie um Spenden gebeten!

  • Vor einem Jahr

    Tja. Entweder bist du Rahmschwein und Meme genug, dass dir die Politik Wiesen und Stadien darbieten möchte und das Volk 300 Geld für zwei Karten. Oder du bist ätzendes Kunstplebs, dem man die letzten Lärmstätten und Rückzugsorte schliesst, weil Oma und Opa sterben könnten oder sich einfach nur lärmbelästigt fühlen.

    Der Markt am regeln, wie immer.