Ein Newcomer-Duo wird verdächtigt, sich seine Klicks und Kommentare erkauft zu haben, streitet dies aber mit schwachen Argumenten ab.

Balearen (dük) - Zwei Deutschrap-Singles, "Geh Dein Weg" von KC Rebell, Summer Cem und Loredana und "Vay Vay" von Firat und Jamoo, feierten am Freitag Premiere und landeten in kurzer Zeit in den deutschen YouTube-Trends. Das ist erst einmal überhaupt nichts Ungewöhnliches und keine Nachricht wert. Wenn ein Star wie Loredana mit KC Rebell und Summer Cem zusammenarbeitet, wäre es eher ungewöhnlich, wenn das Ergebnis nicht an der Spitze der Charts zu finden wäre. Auch dass Newcomer wie Firat und Jamoo, deren Namen selbst eingefleischten Hip Hop-Fans wohl eher wenig sagen, plötzlich mit einem Song die Trends stürmen, passiert immer mal wieder.

Aufrufe identisch, aber 15 mal mehr Kommentare

Am Montagvormittag stehen beide Musikvideos bei 2,7 Millionen Aufrufen. Während "Geh Dein Weg" 20.000 mal kommentiert wurde, steht "Vay Vay" zur selben Zeit bei sage und schreibe 302.446 Kommentaren. Ein weiterer Vergleich: Bruno Mars' Megahit "Grenade" hat in fast zehn Jahren zwar knapp 950 Millionen Aufrufe, aber nur 272.000 Kommentare gesammelt. Spätestens jetzt, auch ohne Vorwissen über manipulierte Charts und gekaufte Streams, sollte jedem auffallen, dass hier etwas faul sein könnte. Haben sich die Herrschaften Firat und Jamoo etwa ihre Reichweite in Form von Aufrufen, Kommentaren und der Platzierung in den Trends auf YouTube erkauft?

Nun könnte man argumentieren, dieser Firat sei ja ein TikTok-Star mit einer jüngeren Zielgruppe und deswegen vielen älteren Hip Hop-Fans möglicherweise kein Begriff. Und vielleicht ist ja Firats Zielgruppe viel kommentierfreudiger als beispielsweise die Fanlager von KC Rebell, Loredana, Summer Cem oder Bruno Mars.

Bots in den Kommentaren?

Wenn man sich dann aber mal ein paar dieser mehr als 300.000 Kommentare anschaut, stellt man schnell fest, dass diese noch belangloser und bot-ähnlicher als gewöhnliche YouTube-Kommentare erscheinen, und außerdem häufig von Konten stammen, die ansonsten überhaupt keine YouTube-Aktivität aufweisen.

Seit der Klickkauf-Reportage des Y-Kollektivs auf YouTube mit dem ominösen Hacker Kai, der angeblich die Spotify-Charts manipulieren kann, hat ein Klickkauf-Verdachtsfall selten so hohe Wellen in den sozialen Netzwerken geschlagen wie das besagte Musikvideo von Firat und Jamoo. Eine Möglichkeit, die bislang kaum in Erwägung gezogen wurde: Eine dritte Partei könnte für die absurden Zahlen verantwortlich sein, um den Ruf des Rappers und TokTok-Stars Firat mit den Verdächtigungen zu beschädigen. Apache207 äußerte kürzlich einen ähnlichen Verdacht, als sein Song "Matrix" ohne ersichtlichen Grund die Hongkonger Spotify-Charts stürmte.

Die Macht von TikTok

Rapper und TikTok-Star Firat hat sich übrigens bereits zu den Vorwürfen geäußert. Den "dreckigen Nichtsgönnern" hat er folgendes zu sagen: "Wenn wir so viel Geld hätten, würden wir in Dubai und nicht in Deutschland wohnen". Wohl eher ein schwaches Argument, das den Verdacht keineswegs entkräftet. Jamoo nahm via Instagram Stellung: "Kurz vor dem Release waren wir auf TikTok live mit knapp 30k Zuschauern. Haben alle mehrmals aufgefordert, schon mal zu liken, so viel zu kommentieren wie sie können, egal was, sei es auch nur iwelche Buchstaben. Schon vor dem Release hatten wir 100.000 Kommentare und Likes".

Auch wenn die Macht der Plattform TikTok sicherlich nicht zu unterschätzen ist, lassen die Zahlen am Ende doch einen faden Beigeschmack zurück. Man könnte jetzt abschließend versöhnlich zusammenfassen, dass sich am Ende ja sowieso Qualität durchsetzt und gekaufte Streams nur für kurzfristigen Hype sorgen. Aber leider ist das mit der Qualität im deutschen Hip Hop so eine Sache ...

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