Wir haben Lese-Tipps für euch! Heute: Eine ziemlich ultimative Biografie über die Mutter aller Anarchopunkbands - Crass.

Dial House (mmö) - Crass gehört wohl zu den großen unterschätzten Bands der Popgeschichte. Wenn man George Bergers "Subversive Zeiten - Die Crass Story" gelesen hat, weiß man: ein Unding.

Crass also: eine der ersten Anarchopunkbands, aktiv von 1977 bis 1984, bestehend aus einem Haufen englischer Mittelklasse-Aussteigern zum Teil mittleren Alters. Frauen (Eve Libertine, Joy De Vivre) und Männer (Penny Rimbaud, Steve Ignorant, Phil Free u.a.) gleichberechtigt in einer Art kreativen Bandkommune.

Uniformierung, schwarze Kleidung, antichristliche Einstellung. Radikale Ansätze: Alben zu Singlepreisen veröffentlichen, Kritiker-Verrisse einfach den Platten in Kopie beifügen.

Keine Frage, Crass waren eine eher ungewöhnliche Band. Intime und ausführliche Einblicke gewährt George Bergers Buch (Bosworth Musikverlag, broschiert, 327 S., € 24,95), über die gesamte Länge des Buchs so ausführlich, dass man versucht ist, das Buch nur wirklich Interessierten ans Herz zu legen.

Fundus für den Punkhistoriker

Als Einstieg in die Punkgeschichte eignet sich "Subversive Zeiten" nicht wirklich. Einige Referenzen setzen ein Minimum an Vorwissen voraus, dennoch ist das Buch jederzeit verständlich. Wer sich für Anarchopunk generell oder für Crass im speziellen interessiert, ist hier auf jeden Fall an der richtigen Adresse.

Berger beleuchtet das Umfeld und die Vorgeschichte von Crass ausführlich, bringt prototypische Bands wie Exit oder das zentrale Dial House, eine Art Landkommune, in den Kontext ein. Lässt nicht nur die Bandmitglieder ausführlich sprechen, sondern auch Wegbegleiter, Mitstreiter und Kritiker.

Nicht immer will bei "Subversive Zeiten" ein richtiger Lesefluss aufkommen, was vielleicht auch am manchmal sehr persönlichen Ton liegt. Der irritiert hin und wieder, zeugt aber von der Art, wie man in Großbritannien derzeit wohl über Popkultur schreibt.

Dennoch lohnt sich "Subversive Zeiten", das 2006 im Original als "The Story Of Crass" erschienen ist. Allein auf Grund seines Detailreichtums ist das Buch ein Fundus für den interessierten Punkhistoriker. Wo sonst würde man erfahren, dass Crass wohl die Erfinder von Visuals bei Konzerten waren? Oder dass Steve Ignorant, als er das erste Mal im Dial House auftauchte, noch auf dem Mopedrocker-Trip war? Es braucht wohl Chronisten wie George Berger, 30 Jahre nach Punk. Er macht seine Arbeit gut.

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