Zu 99 Prozent junge, weibliche Fans fiebern der Britin entgegen - schon lange vor Konzertbeginn.

Berlin (laut) - "Gibts hier was umsonst?" fragt ein sichtlich verdutzter älterer Herr ob der schier nicht enden wollenden Warteschlange vor dem Heimathafen in Neukölln. Zu 99 Prozent junge Frauen wollen am Wochenende Maisie Peters bei einem ihrer zwei Deutschlandkonzerte sehen.

Die blutjunge, britische Singer/Songwriterin fiel einem breiteren Publikum zuletzt im Vorprogramm von Ed Sheeran auf. Dabei veröffentlichte Peters ihre erste Single "Place We Were Made" bereits 2017. Kurz vor dem Release des nächsten Albums "The Good Witch" bespielt sie noch mal kleinere Läden - diese dürften aber wohl bald der Vergangenheit angehören.

Damals, im Ferienlager

Die Stimmung im Club ist aufgeregt friedlich, aber glücklich, wer Ohrstöpsel mitgebracht hat: Die Fans vertreiben sich die Zeit mit Taylor Swift-Songs und intonieren dabei ausgesprochen gut. Ist das noch Ferienlager oder schon Popkonzert? You decide. Um 22 Uhr startet die gut 70-minütige Peters-Show, die zumeist weiblichen Fans sind 100-prozentig textsicher und sehr laut. Ein wenig mehr Wumms aus der Anlage bzw. von der Bühne hätte mit Sicherheit nicht geschadet.

Maisie Peters hat ihr Publikum vom ersten Moment an im Griff. Sie performt mit Leichtigkeit, nutzt den gesamten Platz, den die Bühne bietet, und weiß, wann sie zu welcher Pose ansetzt. Ihr herausragendes Songwritingtalent wird bei jedem Stück deutlich: Die Musikerin besitzt die Gabe, persönliche Texte so umzusetzen, dass sie auch die breite Masse abholen. Wer bei keiner der Lyrics mit einer Situation aus dem eigenen Leben getriggert wird, hat wahrscheinlich keines.

Schwer, diese Frau nicht als Freundin haben zu wollen

Dazu berichtet die charmante Blondine zwischen den Songs von ihren eigenen Erfahrungen und löst so die Distanz zwischen Publikum und Bühne fast vollständig auf. Schwer, sie nicht als Freundin haben zu wollen, und mit ihr, auf dem Bett sitzend, über Jungs oder Mädels oder beides zu tratschen. Oder darüber, wer denn nun die Trennung gewonnen hat (Spoiler zum Nachhören: "Lost The Breakup").

Welche Songs am meisten zünden, ist kaum auszumachen, da die Fans jeden lautstark unterstützen. Zu den musikalischen Highlights zählen sicherlich "John Hughes Movie" und "Worst Of You". Festzuhalten bleibt, dass die letzten 20 Minuten des Konzerts noch einmal Fahrt aufnehmen, nachdem der Schwung zwischenzeitlich aufgrund sehr balladesker Popsongs raus ist.

Der letzte Hauch Unangepasstheit fehlt

Peters macht ihre Sache letztlich sehr gut, die Band spielt tight, die Töne sitzen - auch, wenn eine Menge Backingtracks im Spiel sind. Ein bisschen wirkt der Gig wie mit angezogener Handbremse, dabei hat die Britin das überhaupt nicht nötig. Ihre glasklare Stimme funktioniert auch ohne Verstärkung aus der Dose und die Liveband ohne Samples ebenfalls.

Von der Edgyness ihrer Videos zu "John Hughes Movie" oder der aktuellen Single "Not Another Rockstar" ist live leider wenig zu sehen. Maisie Peters hätte durchaus das Potential für die großen Bühnen, allein: Ihr fehlt noch dieser letzte Hauch von Unangepasstheit, der sie vom Gros der jungen Wilden abheben würde. Die künstlich erzeugte Überprofessionalität stört die Live-Performance. Schade.

Wofür es aber keine Ausrede gibt, sind die Merch-Preise. Es ist bigott, einerseits die Schüler:innen-Generation anzusprechen und andererseits 75 Euro für einen lumpigen Hoodie zu verlangen. Eine Jutetasche schlägt mit immerhin 25 Euro zu Buche. Preise wie bei Billie Eilish. Unverschämt, die beiden.

Fotos/Text: Désirée Pezzetta.

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Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland.

Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: ) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta) Lange Warteschlangen am Eingang lange vor Konzertbeginn: die Senkrechtstarterin in Deutschland., Berlin, Heimathafen Neukölln, 2023 | © laut.de (Fotograf: Désirée Pezzetta)

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