Foo Fighters? Fehlanzeige! Das Primavera Festival in Barcelona buchte für 2019 lieber weibliche Headliner.

Barcelona (mis) - Man stelle sich vor, es gäbe in Deutschland ein großes Festival, auf dem ausschließlich Frauen auftreten. Eine abwegige Idee? Vielleicht. Todernst gemeint war die Aktion nicht, mit der Deutschlandfunk Kultur vor einigen Wochen mächtig Staub in den Sozialen Medien aufwirbelte. Todernst gerieten eher die aufgebrachten (männlichen) Kommentare. Was war geschehen? Der Sender wagte sich an das Unsagbare und gestaltete ein Festival-Fantasieplakat, auf dem ausnahmsweise mal komplett auf musizierende Männer verzichtet wurde. Geht gar nicht sowas, oder? Wir haben doch erst 2018.

Die Idee hatte einen realen Hintergrund: Als Anlass diente DLF Kultur die erste Line-Up-Bandwelle des Geschwisterfestivals Hurricane und Southside im Oktober, immerhin zwei der größten Musikfestivals in Deutschland, auf dem sich unter insgesamt 25 Bands keine einzige weibliche Künstlerin respektive Gruppe mit weiblicher Beteiligung befand. Der darauffolgende Shitstorm verbunden mit der alten Diskussion um eine Open Air-Frauenquote war damit vorprogrammiert.

Den Vorwurf mangelnder Diversität wiesen die Festivalveranstalter in einem Antwort-Posting dennoch weit von sich und argumentierten, man solle mit einem Urteil besser bis zum finalen Line-Up warten:

Seit gestern können sich Festival-Booker und Veranstalter, die ihr Line-Up mit der Dominanz, Verfügbarkeit und Popularität männlicher Künstler im Musikbusiness rechtfertigen, an Spanien ein Beispiel nehmen. Das Primavera Festival in Barcelona verzichtete auf heutzutage gängige Routinen wie Line-Up-Appetizer und ging lieber gleich mit dem kompletten Festivalprogramm an die Öffentlichkeit, verbunden mit dem schlichten Satz: "Gleichberechtigung, Vielseitigkeit und Kühnheit: Primavera Sound 2019 veröffentlicht revolutionäres Lineup mit mehr als 50% Frauen im Line-Up."

Mit Erykah Badu, Solange, Cardi B, Janelle Monae und dem heimischen Flamenco-Star Rosalia stehen allein fünf weibliche Künstler in der ersten Reihe. Noch besser veranschaulicht das Festival den angestrebten Paradigmenwechsel im Pop 2019 mit dem gewählten Motto des Festivals: "The New Normal".

J. Balvin und Future einträchtig neben Interpol und Tame Impala auf einem Festival? So etwas könnte man sich hierzulande in abgespeckter Form maximal auf dem Melt! oder Maifeld Festival vorstellen.

In einer Zeit, in der um Gendersternchen, Binnen-I, Feminismus und Geschlechter-Sensibilität diskutiert wird, hat das Primavera offensichtlich einfach nur sehr gut zugehört und die richtigen Schlüsse gezogen. Denn das Line-Up 2019 ist kein kompletter Turnaround, schon dieses Jahr trumpften auf der Party am Mittelmeer zahlreiche weibliche Superstars auf (u.a. Lorde, Haim, Björk).

Qualität und Aktualität geht vor Quote

Ein Zeichen, das viele Musikfans sich auch von deutschen Festivals erhoffen. Im Mai befragten wir deshalb Veranstalter nach ihrer Meinung zum grassierenden Geschlechterungleichgewicht auf deutschen Festivalplakaten und anderweitig neuen Lösungsansätzen. Einhellig begrüßten alle Befragten zwar eine zügige Erhöhung des Frauenanteils auf Festivals, allerdings lieber ohne Quote. Schließlich seien zahlreiche Faktoren bei einer Künstlerbuchung ausschlaggebend.

So ergänzte Andre Lieberberg von Live Nation: "Bei der Auswahl der Bands bzw. Solokünstler, die bei Rock am Ring & Rock im Park spielen, achten wir vorrangig darauf, dass sie zu unseren Stilrichtungen passen. Hier sind Qualität und Aktualität entscheidend. Im Anschluss daran werden Verfügbarkeiten und Gagen geprüft." Jonas Rhode von FKP Scorpio, die das Southside/Hurricane ausrichten, begrüßte damals "jede Initiative ausdrücklich, die sich für Gender Equality in der Musikwelt einsetzt".

Primavera will "Die Neue Normalität"

Die Primavera-Verantwortlichen haben diese Vorsätze in bislang nicht gekannter Radikalität und mit ökonomischem Mut umgesetzt. Und klopfen sich dennoch nicht gönnerhaft auf die eigene Schulter. In der Pressemitteilung heißt es: "Es gibt so viele Dinge am Primavera Sound 2019 Lineup, die noch nicht 'normal' sind, aber wir hoffen, dass diese es von nun an sein werden. Wir sind nicht die Ersten, aber wir wollen auf keinen Fall die Letzten sein. Wir wollen Die Neue Normalität. Also, alle an Bord, es geht los!"

Das Hurricane/Southside hat derweil weitere Bands für 2019 bekannt gegeben, darunter neun Künstlerinnen oder Bands mit weiblicher Beteiligung.

Fotos

Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B

Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © 2008 Universal (Fotograf: ) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © 2008 Universal (Fotograf: ) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © Universal (Fotograf: ) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © Universal (Fotograf: ) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © Universal (Fotograf: ) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger) Erykah Badu, Janelle Monáe und Cardi B,  | © laut.de (Fotograf: Manuel Berger)

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5 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 5 Jahren

    Was beim Booking von Rock am Ring vorallem entscheidend ist, ist das Publikum, bestehend aus Leuten, welche den Musikexpress für ein ernstzunehmendes Medium und die Donots für eine Punkband halten, bloß nicht zu überfordern. Auch das aktuelle besteht wieder zu 80% aus Allerweltsscheißdreck, achtet dafür aber sehr darauf, den deutschen Rock-und-Meddl-Michel nicht mit so etwas wie schwarzen Künstlern auf der Bühne zu schockieren.

  • Vor 5 Jahren

    Frage: Hat irgendeiner von diesen feministischen Träumern mal ein Buch über Musikgeschichte aufgemacht?

    • Vor 5 Jahren

      Sehr guter Hinweis, ntrlydbstp. Und wenn man schon dabei ist, sollte man sich vielleicht auch überlegen, ob das mit dem Frauenwahlrecht wirklich so eine gute Idee war! Wenn man mal auf die Geschichte zurückblickt, wurden fast alle wichtigen, die Menscheit weiterbringenden Entscheidungen von Männern getroffen. Vollkommen unverständlich, wie man jetzt plötzlich auf die Idee kommt, Frauen hätten etwas wertvolles bwizutragen, wa?

    • Vor 5 Jahren

      Emily dickinson owned sämtliches ausgewähltes weibsvolk alleine mit 3~4 silben....

  • Vor 5 Jahren

    Soso die ganze Aktion ging davon aus, dass es Frauen nicht ertragen konnten, ein rein männliches Line-Up zu sehen aber wenn sich Männer aufregen, weil es ein rein weibliches Line-Up geht muss man mit 2018 kommen? Mal abgesehen davon, dass es lächerlich ist, sich überhaupt über sowas aufzuregen (über die Qualität der Bands ja aber doch nicht ihr Geschlecht) ist das mal wieder Doppelmoral aller erster Güte. Aber das ist man ja von dieser Seite gewohnt :)

    • Vor 5 Jahren

      Sancho, gib a Ruh!
      #freetorque

    • Vor 5 Jahren

      Du scheinst diesen Sancho ja echt zu lieben. Aber schreib bitte Nachrichten an ihn doch auch an ihn ;) Es sei denn du hast tatsächlich was zum Thema beizutragen aber irgendwie glaube ich, dass du dafür zu blöd bist.

    • Vor 5 Jahren

      "Soso die ganze Aktion ging davon aus, dass es Frauen nicht ertragen konnten, ein rein männliches Line-Up zu sehen aber wenn sich Männer aufregen, weil es ein rein weibliches Line-Up geht muss man mit 2018 kommen?"

      Ja, genau so ist das. Ist aber nicht lächerlich und hat nichts mit Doppelmoral zu tun. Doppelmoral könntest du anführen, wenn sonst durchschnittlich gleich viele männliche und weibliche Künstler auf Festivals gebucht werden würden. Gleichberechtigung und Gleichstellung sind noch lange nicht erreicht.

  • Vor 5 Jahren

    Prima, sehr löblich Primavera. Allerdings stört es noch, dass die Bandnamen nicht alle in gleicher Gröé aufgeführt werden. Bei anderern Veranstaltern ist das aber oft noch wesentlich krasser, Da ballt sich mir die anarchistische Faust im Magen. :x

  • Vor 5 Jahren

    Was???!! Warum steht da nicht against me!!! Oder life of agony?? :eek: :eek:

    Sexistische patriarchal-lbgqt*__ feindliche kackscheizse!! :mad: