Unverschämte Gebühren und ungerechte Verteilung werden der GEMA vorgeworfen. Zeit, einmal nachzufragen.

Konstanz (hf) - Angesichts der geplanten Tarifreform, dem ungeklärten Konflikt mit YouTube und einem Prozess gegen Musikpiraten wegen einer umstrittenen Creative Commons-Lizenz vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem nicht über den Musikrechteverwerter GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) berichtet wird.

Das ab Januar 2013 geltende neue Gebührensystem möchte alles einfacher und gerechter machen. Diskothekenbesitzer und Musikveranstalter beklagen hingegen eine immense Verteuerung der Gebühren und fürchten um ihre Existenz.

Die Musikpiraten kämpfen um das Recht der Künstler, einzelne Titel von der GEMA-Lizenzierung auszunehmen und unter Creative Commons-Lizenz anzubieten. Derweil formiert sich mit C3S eine Alternative zum Quasi-Monopolisten GEMA, der mittels Creative Commons-Lizenzierungen einen Kompromiss zwischen Künstlern und Veranstaltern finden möchte.

laut.de wollte wissen, was die GEMA zu all dem sagt und hat sich mit Gaby Schilcher,
Pressesprecherin der GEMA, unterhalten.

Frau Schilcher, kürzlich gab es eine Demo in Berlin, Transparente wie "GEMA kacken" und "GEMAinheiten lassen wir uns nicht mehr gefallen" waren zu sehen. Beeindruckt sie die Wucht der Proteste gegen die 'Reform' der Veranstaltungstarife?

Schilcher: Die Proteste sind natürlich sehr emotional aufgeladen und zum großen Teil sehr polemisch. Das ist schade, denn die neuen Tarife sind ein Schritt in die richtige Richtung. Es wurde in der Vergangenheit ja immer kritisiert, dass die GEMA mit einem Tarifdschungel aufwarten würde, dass die Tarife unausgeglichen und ungerecht seien. Genau diese Kritik haben wir uns zu Herzen genommen. Jetzt gibt es zwei Tarife statt elf, das heißt, es ist viel klarer und viel transparenter. Und es ist, und das ist ganz wichtig, linear aufgesetzt. Das heißt in Zukunft werden alle Veranstalter in Deutschland im Verhältnis das Gleiche bezahlen.

Das heißt auch, dass viele kleine Veranstaltungen deutlich günstiger werden, ein Sommerfest etwa oder eine Party. Die werden in Zukunft zum Teil weniger als die Hälfte bezahlen. Dann gibt es einen Bereich, in dem sich nicht viel ändern wird. Und es gibt einen Bereich, der bisher sehr bevorzugt war und in Zukunft mehr bezahlen wird.

Gerechter ist es ja nicht unbedingt: Gerade die Veranstalter aus dem letzten Bereich, also Club- und Kneipenbesitzer, beklagen die fehlende Einzelfallgerechtigkeit, die mit der Reduzierung von elf auf zwei Tarife einherginge. Sie sind der Meinung, dass die alten Tarife sehr gut auf die jeweiligen Veranstaltungen abgestimmt gewesen wären. Kehren die neuen Tarife zu viele verschiedene Veranstaltungen über einen Kamm?

Schilcher: Es ist ja so, dass wir von sehr ähnlichen Veranstaltungen sprechen. Wer eine Party organisiert, braucht auch einen DJ und eine Bar und kassiert Eintrittsgeld. Diese Veranstalter zahlen im Augenblick ein Vielfaches von dem, was Diskothekenbetreiber für die gleiche Veranstaltung bezahlen. Und es kann ja nicht sein, dass eine fast identische Musiknutzung anders lizenziert wird. Da ist im Laufe der Jahre die Schere durch das nicht-lineare System deutlich auseinander gegangen, so dass ein kleiner Veranstalter fast 30% seines Eintritts bezahlt, während große ein bis zwei Prozent bezahlen. Hier die Einzelfallgerechtigkeit zu bemühen, die bei vielen anderen Tarifen natürlich sinnvoll ist, ist einfach nicht angemessen. Eine Veranstaltung ist eine Veranstaltung und zehn Prozent der Eintrittsgelder sind ein faires Vergütungssystem.

Diese zehn Prozent entsprechen in vielen Fällen aber einer Gebührenerhöhung von 600 bis 1.200 Prozent. Das ist im Vergleich zu anderen Branchen eine, milde ausgedrückt, ungewöhnlich hohe Preissteigerung.

Schilcher: Das ist richtig, aber es wird auch mit sehr hohen pauschalen Summen hantiert, die ich so nicht ganz nachvollziehen kann. Aber nehmen wir sie einmal als Realität an: Sollte ein Diskothekenbetreiber zukünftig pro Jahr 100.000 Euro an die GEMA bezahlen, dann hat er schon mal eine Million an Eintrittsgeldern generiert. Durch Studien weiß man, dass das Eintrittsgeld der Diskotheken circa 20% des Gesamtumsatzes ausmacht, der allergrößte Teil aber durch Getränke, Verzehr und ähnliches generiert wird.

Das heißt, wenn jemand wirklich diese auf den ersten Blick so hohe Summe von 100.000 Euro bezahlen muss, hat er schon mal fünf Millionen an Gesamtumsatz. Und dieser Umsatz basiert zu einem großen Teil auf der Arbeit der Musikurheber – die Leute kommen ja in den Club, weil sie tanzen wollen. Und dass sie dann die Urheber mit 2,50 Euro abspeisen wollen, ist nicht fair. Auch die Clubbetreiber müssen anerkennen, dass sie von der Arbeit anderer Menschen leben.

Laut DEHOGA (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) kommt es zu diesen hohen Tarifen auch aufgrund von vielfältigen, teilweise vollkommen neuen Zuschlägen. Wieso führt die GEMA denn zusätzlich zu den neuen Tarifen auch noch Zuschläge ein, die es bisher nicht gab?

Schilcher: Es gibt einige Zuschläge, das ist richtig. Die gab es aber vorher, teilweise in anderer Form, auch schon. Zum Beispiel müssen Sie einen Zuschlag zahlen, wenn Sie über Laptop Musik abspielen, das gibt es schon seit Jahren. Dann gibt es den sogenannten Zeitzuschlag. Hier hätte man – wenn die Bundesvereinigung der Musikveranstalter die Verhandlungen nicht abgebrochen hätte – sicher noch diskutieren können, ob man die Zeitspanne nicht verlängert oder den Zuschlag genauer staffelt. Im Augenblick ist angedacht, dass, wenn eine Veranstaltung länger als fünf Stunden dauert, 50% Zuschlag dazukommen.

Nun hat ja im Grunde jede Disko länger als fünf Stunden auf...

Schilcher: Da hätte es wie gesagt sicher noch Verhandlungsmöglichkeiten gegeben. Wir hätten es auch sehr gerne gesehen, das Ganze stufenweise einzuführen, etwa indem man sagt, man setzt diesen Zuschlag auf drei oder fünf Jahre an, im ersten Jahr zahlt man 50%, im nächsten 60% und so weiter. Auch das hätten wir gerne mit der Bundesvereinigung so vereinbart, aber hier wurden die Verhandlungen abgebrochen, weil der Grundsatz des Tarifs – zehn Prozent für alle Veranstalter in Deutschland – von den Verhandlungspartnern nicht akzeptiert wurde. Die GEMA kann aber über diesen Punkt nicht diskutieren, weil das schlicht und ergreifend der Kern des neuen Tarifsystems ist.

Bei einer Erhöhung der Tarife um 600 bis 1.200 Prozent von einem Jahr auf das andere ist es wohl nicht verwunderlich, dass die Gespräche abgebrochen werden.

Schilcher: Das sehe ich anders. Ich denke, es ist auch für die Verhandlungspartner wichtig, den Musikmarkt realistisch einzuschätzen. Es kann ja nicht sein, dass eine Diskothek, die von der Musik lebt, ein Bruchteil dessen zahlt, was jeder andere Veranstalter zahlt, und in der Summe so wenig, dass kein Urheber davon leben kann. Es kann nicht sein, dass man sagt, mir ist egal, was mit den Musikurhebern ist, mir geht es nur darum, meine Gewinnmarge konstant zu halten.

Das ist ja gar nicht unbedingt der Fall. Es sind sich ja alle einig, dass die Künstler Geld bekommen sollen. Andererseits sind die Veranstalter ja auch Kulturermöglicher und sorgen erst einmal dafür, dass die Musik überhaupt gespielt wird. Baut die GEMA mit ihrer kompromisslosen Haltung vielleicht unnötig Gegensätze auf?

Schilcher: Ich weiß nicht, was daran ein Gegensatz sein soll, wenn ich sage, ein Musikurheber hat einen gewissen Prozentsatz des Umsatzes verdient, der mit seiner Musik gemacht wird. Natürlich sind Musikveranstalter Teil der Kulturbranche. Und natürlich ist es für unsere Mitglieder ganz wichtig, dass ihre Musik gespielt wird. Aber das eine schließt ja das andere nicht aus. Auch ein Kulturveranstalter muss den Pächter des Raums oder den Getränkelieferanten bezahlen. Leistung, die man in Anspruch nehmen will, muss bezahlt werden. Und nur weil man geistige Leistung nicht anfassen kann, ist sie nicht weniger wert.

Sie haben vorhin schon einige kleinere Veranstaltungen genannt, die günstiger werden. Ein Sommerfest oder einmalige Partys etwa. Nun müssen Musikkneipen, die ja auch zu den kleineren Veranstaltungen zählen, mit 1.000 bis 3.500 Prozent Mehrbelastung rechnen. Wie passt das zusammen?

Schilcher: Hier immer diese pauschalen Zahlen zu nennen ist nicht zielführend, das muss man sich im Einzelfall anschauen. Wenn ich eine Kneipe habe, in der die Leute ein Bier trinken und sich unterhalten wollen, dann ist das Hintergrundmusik. Die kostet im Jahr ein paar hundert Euro und gut ist. Wenn ich aber eine Kneipe habe, die von der Musik lebt, wo die Leute hingehen, um die Musik zu hören, dann ist das eine andere Nutzung. Dann steht die Musik im Vordergrund und das muss man auch im Tarif abbilden. Pauschal zu sagen, in jeder Kneipe, in der Musik läuft, gibt es eine tausendfache Erhöhung ist schlicht und ergreifend Polemik.

Wo wird da die Grenze gezogen? Muss es einen DJ geben?

Schilcher: Das muss man sich anschauen, das kann ich so schlecht beurteilen. Aber ich denke, es ist jedem so ziemlich klar. Wenn ein DJ da ist und die Musik die Attraktivität der ganzen Geschichte darstellt, ist es eher eine Musikkneipe.

Das heißt es können auch Kneipen, die keinen DJ haben, als Musikkneipe gewertet werden?

Schilcher: Wie gesagt, da würde ich mich einfach an die Bezirksdirektion vor Ort wenden und einen Kundenberater anfordern, der vorbeischaut und das dann beurteilen kann.

Gibt es denn überhaupt regelmäßige kleinere Veranstaltungen, die günstiger werden?

Schilcher: Regelmäßig im Sinne von Diskothekenvertrag? Die werden vermutlich alle teurer werden, weil diese Diskothekenpauschale momentan extremst günstig ist.

Also werden konkret nur Einzelveranstaltungen günstiger?

Schilcher: Genau. Aber Einzelveranstaltungen machen ja den allergrößten Anteil der Veranstaltungen in Deutschland aus. Wir lizenzieren im Jahr über eine Million Einzelveranstaltungen, Diskotheken gibt es gerade einmal tausend. Da sehen Sie auch, dass die Aufregung über die neuen Tarife aus einer sehr, sehr kleinen Ecke kommt. Der größte Anteil der Veranstalter wird weniger bezahlen.

Wem ist denn geholfen, wenn 2013 nun tatsächlich das große Diskothekensterben einsetzt?

Schilcher: Ich verstehe, dass die Diskothekenbesitzer über die Erhöhung erst einmal sauer sind und mit hohen Emotionen irgendwelche Drohungen aussprechen. Aber überlegen Sie doch mal: zehn Prozent des Eintrittsgeldes, das sowieso nur 20% des Gesamtumsatzes ausmacht – warum sollte deswegen ein Clubsterben einsetzen? Klar ist, dass ich als Veranstalter etwas anders kalkulieren muss, vielleicht werden auch die Gewinnmargen etwas schmäler. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wegen diesem geringen Prozentsatz irgend ein Betrieb zur Schließung verdammt ist.

Gerade kleinere Clubs operieren ja aber zum Teil heute schon am Existenzminimum.

Schilcher: Nun gut, wenn das Gesamtkonzept nicht stimmt, oder einfach die Besuchergruppen, aus welchen Gründen auch immer, nicht kommen, dafür können die Urheber ja auch nichts. Aber wenn ein geringer Umsatz erwirtschaftet wird, will der Urheber ja auch nur wenig. Das ist ja das Schöne an den prozentualen Abgaben. Letztlich muss sich ein Veranstalter aber schon fragen, ob es auf die Dauer sinnvoll ist, wenn die Ausgaben nicht reinkommen. Aber das Problem ist nicht, dass die Urheber zehn Prozent des Eintritts möchten.

In vielen Branchen sind Rabatte üblich, wenn es um große Mengen oder ein hohe Nutzung geht. Sieht die GEMA nicht mehr ein, Rabatte zu gewähren?

Schilcher: Es gibt nach wie vor Rabatte, zum Beispiel werden ab 16 Veranstaltungen pro Jahr zehn Prozent Rabatt angeboten. Außerdem gibt es auch weiterhin 20% Rabatt für DEHOGA-Mitglieder. Aber grundsätzlich ist es aus unserer Sicht nicht mehr sinnvoll, dass große Veranstalter einen deutlichen Mengenrabatt genießen, während kleine im Verhältnis zu viel bezahlen.

Insgesamt sind die Rabatte also geringer geworden?

Schilcher: Die 20% Gesamtvertragsnachlass sind gleich geblieben. Bei den zehn Prozent gab es früher höhere Staffelungen, das ist richtig, aber zehn Prozent Nachlass gibt es nach wie vor.

Die GEMA pflegt gerne das Image einer karitativen Einrichtung, die sich um das Wohl aller Urheber sorgt. Tatsächlich fließen aber 65% der Ausschüttungen an nur 5% der Mitglieder. Wie sieht es mit dem Anspruch der GEMA aus, dass die großen Fische etwas an die kleinen umverteilen?

Schilcher: Wir sind keine karitative Einrichtung, wir sind eine Verwertungsgesellschaft und die Urheber übertragen uns das Recht, ihre Nutzrechte wahrzunehmen. Ich weiß nicht, warum jemand, der öfters gespielt wird und höhere Einnahmen erzielt, diese mit anderen teilen sollte. Das, was dem einzelnen Urheber vom System zugeordnet wird, soll er auch erhalten. Ich kann die Ansicht nicht teilen, dass jemand, der erfolgreich ist, automatisch seine Einnahmen mit anderen, die weniger erfolgreich sind, teilen sollte. Als GEMA ein Gehalt zu kürzen, was jemandem zusteht, wäre schlicht und ergreifend auch ungesetzlich.

Das Problem ist doch eigentlich, dass auch bei Musik, bei der sie nicht wissen, was gespielt wird, die Einnahmen nach dem gleichen Schlüssel verteilt werden, die 5% also auch davon mehr bekommen. Dabei wird ja gerade in Clubs und Kneipen eher randständige Musik gespielt.

Schilcher: Das ist richtig. In vielen Bereichen haben wir eins zu eins Listen, zum Beispiel im Rundfunk und von der Tonträgerindustrie, auch bei Konzerten haben wir mehr als die Hälfte der Listen. Da können wir gut hochrechnen. Im Bereich der Hintergrundmusik – in Cafés, Restaurants und im Einzelhandel – wird oft das Radio laufen gelassen oder es werden CDs gespielt. Man kann deshalb schon davon ausgehen, dass in Cafés und im Einzelhandel das gespielt wird, was auch im Radio läuft und was viel verkauft wird. Dieser Topf wird also in der Tat nach dem Schlüssel der anderen Bereiche verteilt. Wer viel live gespielt wird, wer oft im Radio läuft und viel verkauft, bekommt deshalb auch im Bereich der Hintergrundmusik mehr.

In den Diskotheken wird allerdings nicht das gespielt, was in den anderen Bereichen viel gespielt wird. Das heißt, diese Musik wird kaum auf Tonträgern verkauft, läuft kaum im Radio und wird selten live gespielt. Aus diesem Grund haben wir seit vielen Jahren ein Black Box-System in den Diskotheken. Wir haben eine statistisch relevante Größe an Boxen in Diskotheken von Media Control (die auch die Charts berechnen, Anm. d. Red.) aufhängen lassen, in denen das gespielte Repertoire mitgeschnitten und ausgewertet wird. Die Einnahmen im Diskothekenbereich werden dann anhand dieser Listen verteilt und nicht anhand der anderen Listen.

Diese Black Boxes hängen aber nur in den größeren Diskotheken.

Schilcher: Nein, Media Control hat sich sehr unterschiedliche Clubs ausgesucht, und das nach einem statistisch relevanten System. Die können das so hochrechnen, dass von einer sehr realistischen Nutzung ausgegangen werden kann. Natürlich wäre eine eins zu eins Auswertung besser, und ich bin mir sicher, dass es in wenigen Jahren ein funktionierendes digitales System geben wird. Aber noch ist das Black Box-System die beste Lösung.

Sie sind also der Meinung, dass es die Realität abbildet, wenn 5% der Mitglieder mehr als die Hälfte der Einnahmen bekommen.

Schilcher: Natürlich! Wir bewerten das Ganze schließlich nicht, sondern wir sind ein großer Rechner. Auf der einen Seite kommen diese Meldelisten rein und auf der anderen Seite spucken wir nach dem Verteilungsschlüssel Gelder aus, die diesen Meldelisten zugeordnet wurden.

Es liegt Nahe, dass dieser Verteilungsschlüssel ungerecht ist, weil auch die Organisationsstruktur der GEMA ungerecht ist. 3.400 stimmberechtigte ordentliche Mitglieder stehen 55.000 sogenannten angeschlossenen Mitgliedern gegenüber, die praktisch über kein Mitbestimmungsrecht verfügen.

Schilcher: Das ist eine politische, vereinsrechtliche Geschichte. Das ist richtig, es gibt knapp dreieinhalb tausend ordentliche Mitglieder, die politisch mitbestimmen dürfen. Das hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Verteilung der Gelder.

Naja, wenn nur die oberen dreieinhalb Tausend über die Verteilung entscheiden, kann man schon davon ausgehen, dass sie in ihrem Interesse handeln.

Schilcher: Nein, auch ein ordentliches Mitglied kann das System nicht außer Kraft setzen, dass die GEMA eine Musikfolge geschickt bekommt und danach das Geld an den Urheber geht. Da geht es nur um Bereiche, die nicht eins zu eins zuordenbar sind. Da galt bisher das Solidaritätsprinzip, das bei kleineren Veranstaltungen vorsah, dass, egal ob jemand 20 oder 200 Euro einspielt, jeder gleich viel bekommt. Das war jahrelang das Prinzip, das aber auf der letzten Mitgliederversammlung dahingehend geändert worden ist, dass es nun direkter verrechnet wird. Auch die angeschlossenen Mitglieder haben übrigens 64 Vertreter.

Das ist ja eigentlich lachhaft, 64 Vertreter gegenüber 3.400 stimmberechtigten Mitgliedern.

Schilcher: Naja, es kann ja auch nicht sein, dass Sie viele, viele Tausend Urheber dabei haben, die keinen Euro einspielen, aber volles politisches Mitbestimmungsrecht haben. Also natürlich müssen diejenigen, die Profimusiker sind, auch mehr zu sagen haben, als Zigtausende, die mal ein Lied eingereicht haben und vielleicht selber mal auf einem Sommerfest spielen.

Nun ist es ja nicht so, dass die große Masse nichts erwirtschaften würde. Wenn 5% der Mitglieder 65% der Einnahmen erwirtschaften und das nach Ihren Berechnungen stimmt, erwirtschaftet der Rest immerhin 35%. Das steht ja auch in keinem Verhältnis zu den lediglich 64 Vertretern.

Schilcher: Wie gesagt müssten die Urheber an dieser Stelle politisch aktiv werden und sagen, dass sie noch mehr haben wollen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das System auch so gut ist, weil diejenigen, die von ihrer Arbeit als Musiker leben natürlich mehr bestimmen, als die Vielen, die vielleicht mal in jungen Jahren mit Engagement rangehen, GEMA-Mitglied werden und zwei, drei Titel komponiert haben, das aber letztlich nicht als Beruf wahrnehmen, sondern als Hobby.

Den GEMA-Mitgliedsbeitrag zahlen die weniger bekannten Musiker wie alle anderen auch, trotzdem haben sie praktisch keine politischen Rechte.

Schilcher: Sie haben nicht keine politischen Rechte, sie haben andere politische Rechte. Und wenn ich keine Einnahmen habe, lohnt es sich auch nicht, den Jahresbeitrag von 25 Euro zu zahlen. Es macht eben einen Unterschied, ob ich berufstätig Musiker bin oder ob ich tatsächlich nur ein, zwei Lieder komponiert habe und eigentlich einem anderen Beruf nachgehe.

Noch ist die GEMA quasi ein Monopolist, aber das könnte sich mit C3S bald ändern. Halten Sie Konkurrenz auf diesem Markt für sinnvoll?

Schilcher: Ich muss gestehen, dass ich nicht genau weiß, von welchem Anbieter Sie sprechen. Grundsätzlich ist Konkurrenz natürlich in ganz vielen Branchen sinnvoll. Was das Urheberrecht angeht, ist das allerdings fraglich. Die GEMA ist ein Quasi-Monopolist, das heißt, es kann jederzeit jemand eine zweite GEMA aufziehen. Die Frage ist nur, wie sinnvoll das wäre, auch für die Kunden. Wenn es zwei Verwertungsgesellschaften gibt, wie das zum Beispiel in Amerika der Fall ist, dann bekommen Sie als Kunde halt zwei Rechnungen von zwei verschiedenen Stellen, wenn Sie beide Repertoires nutzen möchten. Der Verwaltungskostenaufwand ist dann zweimal zu zahlen. Am Ende zahlt der Kunde mehr oder der Urheber bekommt weniger, beides ist nicht positiv. Grundsätzlich ist so etwas aber möglich.

Das Ziel von C3S ist es, vor allem für die Künstler eine Verbesserung zu erreichen. Dass die Urheber dann zum Beispiel – wie im Fall der Musikpiraten – selbst entscheiden können, ob Sie ihre Musik von der Verwertungsgesellschaft lizenzieren lassen oder unter einer Creative Commons Lizenz kostenlos anbieten.

Schilcher: Dann viel Spaß bei der Realisierung des Projekts. Wenn Sie nämlich von einem Urheber verschiedene Titel haben, die einmal so und einmal so lizenziert werden, die Rosinen unter dem Titel, die anderen unter Creative Commons und so weiter, dann ist das ein wahnsinniger Aufwand.

Bei uns ist es möglich, einzelne Sparten herauszunehmen. Man kann z.B. die Rechte für die Online-Musik selber in der Hand behalten oder freigeben. Aber einzelne Lieder herauszunehmen wäre eindeutig zu aufwändig. Grundsätzlich muss es so sein, dass, wenn ich die Aufführungsrechte an die GEMA übertrage, die GEMA auch jedes Konzert und jede Live-Aufführung der Sparte verwerten kann. Wenn die GEMA jedes Mal nachfragen muss, erhöhen sich die Verwaltungskosten. Wir haben einen Kostensatz von 15%, das ist sehr, sehr gut, das bedeutet 85 Cent von jedem eingenommenen Euro gehen an die Urheber

Ihre Klage gegen die Musikpiraten kommentierte der Freisinger Rechtsanwalt Thomas Stadler mit "Die GEMA bettelt um den Shitstorm." Achten Sie zu wenig auf eine positive Selbstdarstellung?

Schilcher: (Lacht) Dazu gäbe es viel zu sagen. Nur so viel: Wenn eine CD vervielfältigt wird, brauche ich eine Freistellung. Wenn geschützte Titel enthalten sind, muss ich das bei der GEMA anmelden. Wenn hier natürlich gewisse Spielchen gespielt werden, und zu gewissen Titeln einfach keine Angaben geschickt werden, dann muss man damit rechnen, dass die Forderungen aufrechterhalten werden.

Ihnen ist nicht Bange, dass dieses Vorgehen angesichts der Summe von 68 Euro als übertrieben kompromisslos rüberkommt?

Schilcher: Die GEMA hat einen gesetzlichen Auftrag. Das heißt, wenn Musik von einem GEMA-Mitglied öffentlich aufgeführt, gesendet oder vervielfältigt wird, dann müssen wir das lizenzieren. Und wenn bei einer CD nicht klar ist, ob es geschützt ist oder nicht geschützt ist, und derjenige, der diese CD vervielfältigt nicht bereit ist, uns Informationen zu geben, um vielleicht genau so eine politische Situation herbeizuführen, wie wir sie jetzt haben, dann ist das halt so. Wir müssen dieser Nutzung nachgehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Hardy Funk

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89 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Man könnte praktisch jeden einzelnen Satz auseinandernehmen und er würde sich in Luft auflösen. Diese widerlich-verlogenen Vereinsmeier sind mir die Zeit und Aufregung dann aber doch nicht wert.

  • Vor 11 Jahren

    hehe auch mal schön die andere Richtung zu sehen. Dass die 100'000 E z.B. 10% der Eintrittseinnahmen entsprächen hat irgendwie vor Fr. Schilcher keiner gesagt...
    Also wenn man 10% des Eintrittsgeldes an die GEMA bezahlen soll, dann kann man doch nicht mehr von unfinanzierbar reden, oder?
    Wer dann 1200% mehr bezahlen muss wird wohl davor tatsächlich unglaublich gut weggekommen sein.
    Rest wird heute abend gelesen. :)

  • Vor 11 Jahren

    Kann das jemand erklären?

    "Zum Beispiel müssen Sie einen Zuschlag zahlen, wenn Sie über Laptop Musik abspielen"

    Wieso Zuschlag?

  • Vor 11 Jahren

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